11.04.2024

Zum Zweckbetrieb "Krankenhaus" i.S.d. § 67 AO

1. Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ermächtigte Ärzte ‑‑und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben‑‑ hängen nicht mit dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO).
2. Zur Anwendung der §§ 64, 67 AO auf Mitarbeitercafeterien, die aus arbeitsrechtlichen Gründen defizitär betrieben werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 14.12.2023 - V R 28/21

AO § 14, § 64 Abs 1, AO § 64 Abs 2, § 67
KStG § 5 Abs 1 Nr. 9 S 2
GewStG § 3 Nr. 6
SGB 5 § 116


Streitig ist für die Jahre 2007 bis 2011 (Streitjahre), ob bei einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung an angestellte Krankenhausärzte, die zu ambulanten Behandlungen im Krankenhaus ermächtigt sind, als Teil des Zweckbetriebs "Krankenhaus" von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit sind. Außerdem ist streitig, ob Betriebsausgaben teilweise dem steuerfreien Zweckbetrieb "Krankenhaus" zuzuordnen sind, soweit sie in Cafeterien der Steuerpflichtigen auf die vergünstigte Abgabe von Speisen und Getränken an eigene Mitarbeiter des Krankenhauses entfallen.

Der BFH hält die Revision des FA insoweit für begründet, als das FG Gewinne aus einer Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" im Sinne des § 67 AO zugeordnet hatte. Außerdem tragen die Feststellungen des FG nicht seine Entscheidung, 15 % der Betriebsausgaben aller Cafeterien dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" im Sinne des § 67 AO zuzuordnen.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG sind Körperschaften, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), von der Körperschaftsteuer befreit. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft gemäß § 64 Abs. 1 AO die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist.

Gemäß § 67 Abs. 1 AO ist ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§ 7 KHEntgG, § 10 BPflV) berechnet werden.

Entsprechendes gilt für die Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 6 GewStG. Des Weiteren sind Krankenhäuser gemäß § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG von der Gewerbesteuer befreit, wenn im Erhebungszeitraum die in § 67 Abs. 1 oder 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind. Auch diese Steuerbefreiung umfasst jedoch nur die Erträge, die aus dem Betrieb des Krankenhauses selbst erzielt werden. Erträge aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten sind von der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG nicht erfasst.

§ 67 AO umfasst ‑ aufgrund der Anknüpfung an das Sozialrecht und der damit verbundenen Heranziehung von § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und § 107 SGB V ‑ alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen des Krankenhausbetriebs hängen die Einnahmen in einem ausreichenden Maße zusammen, wenn sie auf einer typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistung beruhen. Ausgehend von dem Zweck des § 67 AO, die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten steuerlich zu entlasten, handelt es sich jedenfalls solange um eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, als das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrags von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich zahlen muss.

 Im Streitfall hatte das FG hinsichtlich der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbeträge 2007 bis 2011 rechtsfehlerhaft die Einkünfte der Steuerpflichtigen aus der Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte für deren Ambulanzen dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" (§ 67 Abs. 1 AO) zugeordnet. Denn Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 SGB V ermächtigte Ärzte ‑ und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben ‑ hängen nicht mit dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO).Es fehlt bereits an einem hinreichenden Zusammenhang der Einnahmen aus der Personal- und Sachmittelgestellung mit einer Krankenhausbehandlung. Zudem wurden die Sozialversicherungsträger im Rahmen der Krankenhausvergütung durch die Personal- und Sachmittelgestellung an die ermächtigten Ärzte nicht zusätzlich belastet.

Es besteht auch kein Widerspruch zu § 14 Abs. 7 Satz 2 ApoG, da sich diese Vorschrift auf die erlaubte Abgabe von Arzneimitteln beschränkt. Für die im Streitfall in Rede stehende Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte lässt sich aus § 14 Abs. 7 Satz 2 ApoG nichts entnehmen.

Auf die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung kommt es für die Frage, ob ein Zweckbetrieb oder ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, nicht an.

Hinsichtlich der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbeträge 2007 bis 2011 tragen die vom FG getroffenen Feststellungen nicht seine Entscheidung, 15 % der Betriebsausgaben aller Cafeterien dem Zweckbetrieb deshalb zuzuordnen, weil diese insoweit auf eine vergünstigte Abgabe von Speisen und Getränken an Mitarbeiter des Zweckbetriebs "Krankenhaus" entfallen würden. Denn die tatsächlichen Feststellungen des FG genügen nicht, um prüfen zu können, ob und in welchem Umfang Betriebsausgaben insoweit dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" im Sinne des § 67 AO zuzuordnen sind, als diese auf die vergünstigte Abgabe von Speisen und Getränken an Mitarbeiter des Zweckbetriebs "Krankenhaus" entfallen könnten.

Der BFH hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück. Mit seiner Entscheidung, dass es sich bei auch den "reinen Mitarbeitercafeterien" um nicht zweckbetriebszugehörige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gehandelt habe, obwohl diese aufgrund einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung zur verbilligten Beköstigung  in allen Streitjahren defizitär betrieben wurden, hatte das FG außer Acht gelassen, dass sich die für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erforderliche Selbständigkeit gemäß § 14 AO auf die sachliche Selbständigkeit der Betätigung im Sinne einer Abgrenzbarkeit von einem steuerbegünstigten Wirkungsbereich bezieht und dass nicht nur alle Einnahmen, sondern auch alle Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen, zum Zweckbetrieb gehören.

Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang vorrangig prüfen müssen, ob die Mitarbeitercafeterien im Hinblick auf die arbeitsrechtliche Verpflichtung zur verbilligten Beköstigung zum Zweckbetrieb "Krankenhaus" gehören oder ob die Tätigkeit von diesem Zweckbetrieb abgrenzbar ist und deshalb einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet.

Außerdem hatte das FG zu Unrecht die Gewinne der Steuerpflichtigen aus der Personal- und Sachmittelgestellung an die ermächtigten Ärzte, dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" zugeordnet. Mangels Prüfung des § 65 AO durch das FG konnte jedoch nicht entschieden werden, ob vortragsfähige Verluste der Steuerpflichtigen auf den 31.12.2007 und 31.12.2008 festzustellen sind.

Zudem hatte das FG nicht festgestellt, ob die Steuerpflichtige gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 v. 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) insoweit tatsächlich erstmals für Verluste nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben hat und deshalb nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Körperschaftsteuerbescheid besteht. Das FG hatte lediglich Feststellungen zur Einreichung der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen getroffen. Soweit nach den Feststellungen des FG unklar ist, ob und in welcher Höhe Verluste in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "Krankenhauscafeteria" entstanden sind, ist nicht auszuschließen, dass insoweit die Berücksichtigung weiterer Verluste für etwaige Verlustfeststellungen auf den 31.12.2007 und 31.12.2008 in Betracht kommt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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