Zur Abgrenzung zwischen nachhaltiger Erfindertätigkeit und nicht steuerbarer Zufallserfindung
FG Münster 3.5.2011, 1 K 2214/08 FDer Gesellschafter W. und der Gesellschafter P. waren im Streitjahr 2002 als angestellter Nachrichtentechniker bzw. als Sicherheitsingenieur bei der Klägerin tätig. Beide hatten im Streitjahr an eine Musikproduktion GmbH zwei Gebrauchsmuster verkauft, bei denen es sich um Beschriftungseinrichtungen für optische Datenträger handelte. Das Finanzamt ging von einer planmäßigen Erfindertätigkeit aus, da es nach seiner Ansicht nach dem spontan geborenen Gedanken weitere Tätigkeiten gegeben habe, um die Erfindung bis zur Verwertungsreife zu fördern.
Die Klägerin behauptete hingegen, die Idee zur Beschriftung sei während eines gemeinsamen Essens aufgekommen. Es sollte eine Gebrauchsmusteranmeldung erfolgen. Die Erfindung sei als Zufallserfindung einzuordnen. Sie stelle lediglich eine Idee dar, wiederbeschreibbare CDs mit einem Aufkleber in kreisrunder Form zu versehen. Weder Angaben zum Material noch zu dem Klebstoff seinen in den Anmeldeunterlagen aufgeführt worden. Auch eine Weiterführung der Erfindung zur Patent- und Verkaufsreife, also technischen Verwertungsreife, sei nicht erfolgt.
Das FG gab der gegen die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 2002 gerichtete Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Es lag ein Fall der nicht steuerbaren Zufallserfindung vor, der nicht unter § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 EStG fällt.
Die von der Klägerin entwickelten Gebrauchsmuster waren lediglich als die Beschreibung einer Idee anzusehen, der die gewerbliche Verwertungsreife erkennbar nicht anhaftete. Diese war auch weder aufgrund der Nacharbeiten auf Veranlassung des Patentamtes noch aufgrund der Veräußerung im Streitjahr 2002 entstanden. Es fehlte somit am Vorliegen der für eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit notwendigen Nachhaltigkeit.
Die dem eingetragenen Gebrauchsmuster zugrunde liegende Idee hatte das Stadium einer Zufallserfindung auch noch nicht überschritten und war insbesondere nicht verwertungsfähig. Es handelte sich allein um die abstrakte Idee der Klägerin, dass man - was heute üblich ist - auf einer CD/DVD ein Etikett anbringt - damals eine noch nicht übliche Methode zur Beschriftung solcher Datenträger. Diese Idee wurde in den Gebrauchsmusterbeschreibungen auch nur abstrakt beschrieben, da trotz der umfangreichen Zeichnungen keine konkreten Angaben zu Material oder Klebemittel gemacht wurden.
Da es für die Eintragung des Gebrauchsmusters nicht auf die Verwertungsreife ankommt, konnte - anders als vom BFH für den Fall des Patentes angenommen - von einer Zufallserfindung ausgegangen werden. Allein die für die Anmeldung notwendigen Arbeiten führten nicht dazu, die Zufallserfindung deshalb abzulehnen. Im Fall des Gebrauchsmusters war letztlich darauf abzustellen, dass gerade eine gewerbliche Anwendbarkeit und damit die Verwertung selbst zum Zeitpunkt der Eintragung nicht vom Patentamt geprüft werden und auch nicht vorliegen müssen. Deshalb gleicht die Anmeldung in solchen Fällen, mag sie auch mit umfangreichen Arbeiten verbunden sein, dem Fall, bei dem ein Erfinder zur Eintragung des Patentes diese Arbeiten einem Patentanwalt überlässt. In beiden Fällen geht es nämlich nicht um die Förderung der technischen Verwertungsreife der Erfindung, sondern allein um die Erlangung des Schutzes des geistigen Eigentums - ein Annex der Zufallserfindung.
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