27.08.2013

Zur Abgrenzung zwischen nachträglichen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen beim Umbau eines Flachdachs zu einem Satteldach

Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sind (nachträgliche) Herstellungskosten auch gegeben, wenn nach Fertigstellung des Gebäudes seine nutzbare Fläche - wenn auch nur geringfügig - vergrößert wird (hier: Satteldach statt Flachdach). Auf die tatsächliche Nutzung sowie auf den etwa noch erforderlichen finanziellen Aufwand für eine Fertigstellung zu Wohnzwecken kommt es nicht an.

BFH 15.5.2013, IX R 36/12
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für den Umbau eines Flachdachs zu einem Satteldach als Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind. Die verheirateten Kläger wurden für die Jahre 2006 und 2007 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind Eigentümer des im Jahr 1972 errichteten, nicht unterkellerten und von ihnen 1996 erworbenen Einfamilienhauses. Hieraus erklärten sie in den Streitjahren Verluste aus Vermietung und Verpachtung.

Bei diesem Objekt wurde im Jahr 2006 ein undichtes Flachdach durch ein Satteldach ersetzt. In 2007 wurden weitere Sanierungs- und Wärmedämmmaßnahmen, die z.T. auch mit der Dachsanierung zusammenhingen, durchgeführt. Aus einer Aktennotiz beim zuständigen Landratsamt ergibt sich, dass eine spätere Nutzung des Dachgeschosses als Wohnraum genehmigt werden könnte. Eine Genehmigung zur Wohnnutzung wurde bisher aber weder beantragt noch erteilt.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger u.a. die für die Errichtung des Satteldachs sowie für Sanierungs- und Wärmedämmmaßnahmen angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt behandelte jedoch nur einen Teil der Aufwendungen als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand, während es einen Großteil als nachträgliche Herstellungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) mit jährlich 2 Prozent berücksichtigte.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat die strittigen Aufwendungen zu Recht als Herstellungskosten behandelt.

Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich nach § 255 Abs. 2 S. 1 HGB. Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Dabei sind Aufwendungen für die Erweiterung eines Gebäudes stets als Herstellungskosten zu beurteilen, auch wenn die Erweiterung nur geringfügig ist.

Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sind (nachträgliche) Herstellungskosten - neben Anbau und Aufstockung auch - gegeben, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt werden bzw. seine nutzbare Fläche vergrößert wird und dies eine "Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit" mit sich bringt; auf die tatsächliche (Nicht-)Nutzung kommt es nicht an. Dabei umfasst die "nutzbare Fläche" nicht nur die (reine) Wohnfläche i.S.d. § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 4 der Wohnflächenverordnung (WoFlV), sondern auch die zur Wohnung/ zum Gebäude gehörenden Grundflächen der Zubehörräume sowie die den Anforderungen des Bauordnungsrechts nicht genügenden Räume (i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 u. 2 WoFlV).

Diesen Maßstäben entspricht die Vorentscheidung. Das FG hat die (streitigen) Aufwendungen für die Dacherneuerung ohne Rechtsfehler als Herstellungskosten gewertet, weil die Baumaßnahmen zu einer Erweiterung des Wohngebäudes i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 1 2. Alt. HGB geführt haben. Trotz der insoweit bestehenden statischen Unwägbarkeiten (Standsicherheit mit Lastenaufnahme und Lastenabtragung) ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, dass durch den Dachumbau eine Erweiterung des Gebäudes eingetreten ist. Dabei hat es das Gutachten und die Erläuterungen des Sachverständigen dazu zugrunde gelegt, wonach die Anforderungen an die Nutzung des Dachgeschosses als Wohn- und Aufenthaltsraum zwar nicht erfüllt seien, eine Nutzung als Speicher/Abstellraum aber denkbar und möglich sei.

Linkhinweis:

  • Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück