05.09.2011

Zur Abgrenzung zwischen regelmäßigen Arbeitsstätten und Einsatzwechselstätten bei einer Wochenmarktverkäuferin

Ist streitig, ob eine Tätigkeit an einer regelmäßigen Arbeitsstätte oder eine Einsatzwechseltätigkeit vorliegt, kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers oder sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtungen, denen er zugeordnet ist, nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht. Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vor, so kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken.

FG Münster 13.7.2011, 10 K 2897/08 E
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist seit 1997 bei einer Firma als Fleischereiverkäuferin beschäftigt, die u.a. mobile Verkaufsstände auf verschiedenen Wochenmärkten betreibt. Sie ist vertraglich "für den Verkauf im Ladengeschäft sowie auf den Wochenmärkten" eingestellt. Im Streitjahr 2006 wurde sie abwechselnd auf zwei Wochenmärkten eingesetzt. Dort war sie auf einem Verkaufswagen tätig, der jeweils von einem Fahrer ihrer Arbeitgeberin vorher aufgestellt und nachher wieder abgeholt wurde. Den Betriebssitz ihrer Arbeitgeberin suchte sie dabei nicht auf.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin u.a. für jeweils 96 Fahrten zu den beiden Wochenmärkten rund 5.126 € und für Verpflegungsmehraufwendungen 1.152 € geltend. Das Finanzamt vertrat jedoch die Ansicht, es lägen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor, für die lediglich eine Entfernungspauschale von 2.564 € zu berücksichtigen sei.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die Fahrten der Klägerin zu den beiden Wochenmärkten zutreffend als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG behandelt und insoweit zu Recht die Aufwendungen für die Fahrten dorthin lediglich mit der Entfernungspauschale und für den Verpflegungsmehraufwand nicht berücksichtigt.

Entscheidend ist in solchen Fällen, ob ein Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers oder sonstige ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtungen, denen er zugeordnet ist, nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder aufsucht. Dabei kann ein Arbeitnehmer auch mehrere Arbeitsstätten innehaben, wenn er sie nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht.

Liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vor, so kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und so (etwa durch Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel) auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Er kann ferner durch eine zielgerichtete Wohnsitznahme in der Nähe der regelmäßigen Arbeitsstätte die anfallenden Wegekosten gering halten. Kann sich der Arbeitnehmer jedoch in dieser Weise auf eine regelmäßige Arbeitsstätte einstellen, so kann die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip angesehen werden. Infolgedessen stellten die Verkaufswagen auf beiden Wochenmärkten bei Anwendung dieser Rechtsprechung jeweils regelmäßige Arbeitsstätten der Klägerin dar.

Die Verkaufswagen wiesen einen örtlich festen Bezug zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche auf, da sie immer an der gleichen Stelle auf den beiden Wochenmärkten aufgestellt wurden. Dieser Bezug war auch dauerhaft und konnten nicht mit Verkaufsstellen auf Weihnachtsmärkten verglichen werden. Zudem lag eine hinreichende tatsächliche Verfügungsmacht der Arbeitgeberin der Klägerin für die Verkaufsstellen vor, da bei Markthändlern die Zuweisung eines Standes für die jeweilige Dauer des Marktes eine örtlich fixierte Besitzposition vermittelt, die regelmäßig ohne Vorliegen besonderer ordnungsbehördlich relevanter Umstände nicht entzogen werden kann. Die beiden Verkaufsstellen auf den Wochenmärkten waren letztlich auch Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit der Klägerin. Insoweit unterschied sich ihre Situation nicht von der einer Verkäuferin, die dauerhaft und nachhaltig in einer von mehreren Verkaufsfilialen ihres Arbeitgebers eingesetzt wird.

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