01.06.2011

Zur Abschreibung von Windparks

Ein Windpark besteht zwar aus mehreren selbständigen Wirtschaftgütern. Diese sind allerdings einheitlich abzuschreiben. Insofern sind die für den geschlossenen Immobilienfonds entwickelten Grundsätze gleichermaßen auf die Fälle von geschlossenen Windkraftfonds zu übertragen.

BFH 14.4.2011, IV R 46/09 u.a.
Der Sachverhalt:
In beiden Fällen waren die Klägerinnen sog. Fondsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, die einen Windpark bestehend aus mehreren Windkraftanlagen (WKA) betrieben. Im Fall IV R 46/09 entstanden nach Inbetriebnahme weitere nachträgliche Herstellungskosten. Die Klägerin buchte sämtliche Kosten für die Erstellung des Windparks auf einem Konto "technische Anlage" und schrieb die Anlage auf 16 Jahre degressiv ab. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Windpark aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern mit teilweise unterschiedlicher Nutzungsdauer bestehe und erließ entsprechende Bescheide.

Die Klägerin wandte sich gegen die Herabsetzung der Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die Verkabelung sowie für die Zuwegung. Sie war der Ansicht, auch diese Wirtschaftsgüter stellten zusammen mit der WKA ein einheitliches Wirtschaftsgut dar und seien deshalb einheitlich auf 16 Jahre abzuschreiben.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts blieb vor dem BFH erfolglos.

Im Fall IV R 15/09 bot eine Gesellschafterin der Gründungskommanditistin (eine Bank) interessierten Anlegern an, sich mit einer Einlage an dem vorgesehenen Kommanditkapital von 7 Mio. DM zu beteiligen. Insgesamt waren über 250 Anleger an der Klägerin beteiligt.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass die von der Klägerin als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelten Aufwendungen für die Platzierungsgarantie, für die Prospekterstellung und -prüfung sowie für die Koordinierung/Baubetreuung i.H.v. 575.000 DM als Anschaffungsnebenkosten anzusehen seien. Die Anschaffungskosten für die Windkraftanlagen seien mithin um 785.000 DM zu erhöhen.

Im anschließenden Klageverfahren erkannte das FG die sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben i.H.v. 705.000 DM an und rechnete lediglich die Aufwendungen für die Baubetreuung von 80.000 DM den Anschaffungskosten zu. Zum anderen hatte die Klage insoweit Erfolg, als das FG die Absetzungen für Abnutzung für die Windkraftanlagen unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von zwölf Jahren ermittelte. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
+++ IV R 46/09 +++
Das FG hatte im Ergebnis zutreffend den Windpark nicht als einheitliches Wirtschaftsgut beurteilt und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Verkabelung und der Zuwegung auf 16 Jahre geschätzt.

Jede Windkraftanlage, die in einem Windpark betrieben wird, stellt mit dem dazugehörigen Transformator nebst der verbindenden Verkabelung ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut dar. Daneben ist die Verkabelung von den Transformatoren bis zum Stromnetz des Energieversorgers zusammen mit der Übergabestation als weiteres zusammengesetztes Wirtschaftsgut zu behandeln, soweit dadurch mehrere Windkraftanlagen miteinander verbunden werden. Auch die Zuwegung stellt ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar. Insofern besteht ein Windpark aus mehreren selbständigen Wirtschaftgütern. Allerdings ist eine weitgehende Atomisierung eines Windparks in eine Vielzahl von Wirtschaftsgütern abzulehnen.

Außerdem sind alle Wirtschaftsgüter eines Windparks in Anlehnung an die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Windkraftanlagen grundsätzlich über denselben Zeitraum abzuschreiben. Infolgedessen hatte das FG im Ergebnis zu Recht die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Verkabelung und der Zuwegung auf 16 Jahre geschätzt.

+++ IV 15/09 +++
Zu Recht hat das Finanzamt sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Windkraftfonds nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, sondern als Anschaffungskosten der Windkraftanlagen behandelt.

Die für den geschlossenen Immobilienfonds entwickelten Grundsätze sind gleichermaßen auf die Fälle von geschlossenen Windkraftfonds zu übertragen. Die Anschaffung, Verwaltung und der Betrieb einer Windkraftanlage unterscheiden sich insoweit weder rechtlich noch wirtschaftlich von der Anschaffung, Verwaltung und Vermietung einer Großimmobilie. Die Kommanditisten hatten sich aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks an dem Fonds beteiligten. Sie hatten mithin im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft keinerlei unternehmerischen Einfluss mehr auf das wirtschaftliche Konzept.

Die einzelvertraglichen Abreden ließen sich auch bei dem hier zu beurteilenden Windkraftfonds nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Ein Abzug von Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben kam insoweit nur in Betracht, als ein Erwerber einer Windkraftanlage außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte. Dies war bei den hier vorliegenden Aufwendungen aber nicht der Fall.

Hintergrund
Wurden in den Anfängen der Stromerzeugung mittels Windenergie lediglich einzelne Windkraftanlagen errichtet, entstanden nicht zuletzt durch die erhebliche staatliche Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz in den letzten Jahren große Windparks, in denen mehrere Windkraftanlagen in einem technischen Verbund betrieben werden. Ungeklärt war bisher, wie die Abschreibungen auf Windparks vorzunehmen sind.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte der Entscheidungen sind auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext von IV R 46/09 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
  • Um direkt zum Volltext von IV R 15/09 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 43 vom 1.6.2011
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