29.02.2012

Zur Abziehbarkeit des an eine niederländische Hochschule gezahlten Kolleggeldes

Schulgeldzahlungen an eine EU/EWR-Schule sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des JStG 2009 abziehbar, wenn die Schule den Status einer genehmigten Ersatzschule oder einer anerkannten Ergänzungsschule bei Belegenheit im Inland hätte erhalten können. Die Vorschrift setzt nicht voraus, dass die Eltern selbst Vertragspartner des mit der Privatschule abgeschlossenen Vertrages  sind.

BFH 9.11.2011, X R 24/09
Der Sachverhalt:
Im Streitjahr 2000 besuchte die damals 20-jährige Tochter des Klägers zunächst eine private Berufsfachschule für Bühnentanz und später die Hogeschool voor de kunsten in den Niederlanden (Hogeschool). Das Finanzamt lehnte den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. für das Kolleggeld i.H.v. umgerechnet 2.587 DM ab. Der Kläger sah darin einen Verstoß gegen das EU-Recht, da die Mitgliedstaaten innerstaatlich verpflichtet seien, alles zu unterlassen, was den freien Personenverkehr und das uneingeschränkte Aufenthaltsrecht der EU-Bürger beeinträchtige.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Ein Sonderausgabenabzug des an die Hogeschool gezahlten Kolleggeldes ist gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. möglich, falls die in den Niederlanden belegene Hogeschool als Ersatzschule staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sowie nach Landesrecht als allgemeinbildende Ergänzungsschule anerkannt werden könnte, wenn sie im Inland belegen wäre. Das FG war allerdings rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. gelte bereits dann für das an Hochschulen und Fachhochschulen gezahlte Schulgeld, wenn der angebotene Studiengang zu einem allgemein anerkannten Studienabschluss führe.

Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. eigentlich nicht erfüllt, da die Hogeschool - unabhängig davon, ob sie eine (Fach-)Hochschule ist oder nicht - wegen ihrer Belegenheit in den Niederlanden eine entsprechende Genehmigung bzw. Anerkennung nicht erhalten konnte. Im Lichte der EuGH-Rechtsprechung ist die Norm des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a.F. wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts jedoch normerhaltend europarechtskonform auszulegen. Dies führte dazu, dass das für den Besuch dieser Schule gezahlte Schulgeld als Sonderausgabe abziehbar wäre, wenn die Hogeschool bei Ansässigkeit im Inland den Status einer genehmigten Ersatzschule oder einer anerkannten Ergänzungsschule hätte erhalten können. Diese Prüfung muss das FG im weiteren Verfahren nachholen.

Das FG wird weiterhin klären müssen, ob es sich bei der Hogeschool um eine staatliche oder um eine private Schule handelt. Nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 24b S. 2 EStG n.F. sind lediglich Schulgeldzahlungen an Schulen in freier Trägerschaft oder an überwiegend privat finanzierte Schulen im EU/EWR-Ausland von der Übergangsregelung erfasst.  Eine Ausweitung des § 52 Abs. 24b EStG n.F. auf staatliche Schulen ist gemeinschaftsrechtlich nicht geboten.

Letztlich konnte die Rechtsauffassung des Finanzamtes, der Kläger selbst müsse aus dem Vertrag mit der Hogeschool verpflichtet sein, allerdings nicht geteilt werden. Der Abzugstatbestand des § 10 EStG setzt zwar nicht nur voraus, dass der Steuerschuldner selbst den Aufwand wirtschaftlich trägt, sondern grundsätzlich auch, dass er die Leistung als Vertragspartner erbringt. Diese Ansicht kann jedoch nicht uneingeschränkt auf den Sonderausgabenabzug für das Schulgeld übertragen werden. Bereits aus dem Tatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ergibt sich, dass diese Sonderausgabe im Gegensatz zu den anderen in § 10 Abs. 1 EStG genannten Aufwendungen ausnahmsweise nicht dem Steuerpflichtigen selbst zugute kommt, sondern einer anderen Person, seinem Kind.

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