30.06.2014

Zur Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei einer Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG 2002

Die in § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 angeordnete Freistellung der Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen bezieht sich auf einen um etwaige Veräußerungskosten gekürzten Nettobetrag, von welchem nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 dann 5 Prozent als fiktive nichtabziehbare Betriebsausgaben behandelt werden. Zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 gehören alle Aufwendungen, die durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sind.

BFH 12.3.2014, I R 45/13
Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH gehört zu einer Unternehmensgruppe. Sie war alleinige Gesellschafterin der A-GmbH. Mit Vertrag von April 2005 veräußerte sie die Geschäftsanteile der A-GmbH zum Preis von rd. 15,8 Mio. €. Im Zusammenhang mit der Veräußerung entstanden Rechts- und Beratungskosten i.H.v.. 140.000 €. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Anteilsverkauf traf die Klägerin mit DB, dem Geschäftsführer der A-GmbH, die folgende Vereinbarung:

"Die (Klägerin) beabsichtigt, alle Geschäftsanteile der (A-GmbH) zu veräußern. (DB) soll weiterhin Geschäftsführer der (A-GmbH) bleiben. Mit der Veräußerung der Anteile scheidet damit (DB) aus der (Unternehmensgruppe) aus. In Anerkennung seiner langjährigen Leistungen für die (Unternehmensgruppe) vereinbaren die Parteien (DB) erhält binnen zwei Wochen nach Abschluss des Anteilskaufvertrages von der (Klägerin) eine Tantieme von 400.000 € brutto."

Abweichend von der Klägerin behandelte das Finanzamt sowohl die Rechts- und Beratungskosten als auch die an DB gezahlte Tantieme als Veräußerungskosten und errechnete auf dieser Grundlage den Veräußerungsgewinn, den er nach § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 KStG 2002 steuerfrei beließ.

Das FG wies die gegen die entsprechenden Steuerbescheide gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Zwar ist der Rechts- und Beratungsaufwand als Veräußerungskosten bei der Ermittlung des nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 steuerfrei zu belassenden Veräußerungsgewinns einzubeziehen. Das gilt jedoch nicht für die in Rede stehende Tantiemezahlung an DB.

Nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens u.a. einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft - hier: der Klägerin - Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10a EStG 2002 gehören, außer Ansatz. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind im Streitfall erfüllt. Veräußerungsgewinn i.S.v. § 8b Abs. 2 S. 1 KStG 2002 ist nach S. 2 der Vorschrift der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert).

Im Streitfall ist kontrovers, ob sich der gesetzlich angeordnete Abzug der Veräußerungskosten mit § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 verträgt, wonach von dem jeweiligen Gewinn i.S.d. Abs. 2 S. 1 der Vorschrift 5 Prozent als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Argumentiert wird dahin, das pauschale Abzugsverbot fiktiver Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG 2002 einerseits und der tatsächliche Abzug der Veräußerungskosten bei Ermittlung des betreffenden Veräußerungsgewinns andererseits ziehe eine "doppelte" Berücksichtigung ein und derselben Kosten nach sich, die vom Regelungszweck nicht getragen sei. Letzteres mag zwar durchaus zutreffen und in systematischer Hinsicht nicht vollkommen überzeugen. Das ändert aber nichts daran, dass der Regelungswortlaut insoweit eindeutig ist.

Das FG hat die anlässlich der Beteiligungsveräußerung aufgelaufenen Rechts- und Beratungskosten folgerichtig als Veräußerungskosten angesehen und den Veräußerungsgewinn entsprechend gekürzt. Gleichermaßen ist sie im Hinblick auf die an DB gezahlte Tantieme vorgegangen. Das aber wird von den vertraglichen Grundlagen der Tantiemezahlung nicht getragen. Zwar werden nach ständiger BFH-Rechtsprechung die Veräußerungskosten (i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG 2002) von den laufenden Betriebsausgaben nicht (mehr) danach abgegrenzt, ob sie "in unmittelbarer sachlicher Beziehung" zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen ist auf das "auslösende Moment" für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn. Ebenso hat der BFH zu § 17 Abs. 2 S. 1 EStG entschieden, und dem schließt sich der erkennende Senat auch bezogen auf § 8b Abs. 2 S. 2 KStG 2002 an.

Vorliegend belegt die getroffene Vereinbarung, dass die Zahlung nur anlässlich und nicht, wie aber die Vorinstanz die Tantiemezusage missdeutet, "wegen" der Veräußerung und des veräußerungsbedingten Ausscheidens von DB aus der Unternehmensgruppe ausgelobt worden ist. Vielmehr erfolgt die Zusage ausweislich des festgestellten Sachverhalts "in Anerkennung seiner langjährigen Leistungen" für die Gruppe. Auch bei einem weit verstandenen und veranlassungsgetragenen Verständnis des Begriffs der Veräußerungskosten kann es sich deshalb hierbei nicht mehr um solche Kosten handeln. Die Veranlassungsprüfung, die grundsätzlich dem Tatgericht obliegt, ist daher nicht haltbar; sie kann durch den Senat ohne Bindung an die Auslegung durch das FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) korrigiert werden. Die Tantiemezahlung ist damit als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass die Revision in diesem Punkt auch Erfolg haben müsste. Denn es besteht die Möglichkeit, dass die ad hoc-Zusage der Tantieme an DB als Familienangehörigen der Gesellschafter der Klägerin für dessen langjährige Verdienste aus Anlass des Ausscheidens aus der Unternehmensgruppe als vGA (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG 2002) an eine nahestehende Person der Gesellschafter der Klägerin zu qualifizieren ist, die als solche dem Gewinn der Klägerin außerbilanziell hinzuzurechnen wäre. Gerade dann, wenn man die Tantiemezahlung als Abgeltung der "langjährigen Verdienste" von DB für die Unternehmensgruppe ansieht, liegt die Annahme einer vGA nicht von vornherein fern. Es ist Sache des FG, dem im zweiten Rechtsgang nachzugehen.

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