Zur Anerkennung von Aufwendungen für Fahrten von einer weiter entfernten Zweitwohnung zur Arbeitsstätte als Werbungskosten
Schleswig-Holsteinisches FG 21.10.2010, 2 K 305/07Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bzw. der Berücksichtigung von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von der weiter entfernt liegenden Wohnung bei Vorliegen zweier Wohnungen.
Die Kläger sind verheiratet und waren im Streitjahr ab September 2005 mit Hauptwohnsitz in A (zuvor Zweitwohnsitz) gemeldet. Während der Woche hielten die Kläger sich in ihrem Einfamilienhaus in B auf (seit September 2005 Zweitwohnsitz, davor Erstwohnsitz). Die Wochenenden und den Urlaub verbrachten sie in ihrer Wohnung in A. Die 3-Zimmer-Wohnung in A wurde 2001 erworben und hat eine Größe von 58,74 qm. Das 1985 erworbene Einfamilienhaus hat eine Wohnfläche von 114,52 qm.
Im Rahmen der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2005 machten die Kläger auch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von der weiter entfernt liegenden Wohnung in A aus geltend. Hinsichtlich dieser geltend gemachten Fahrten erkannte das Finanzamt diese nur in der Höhe an, wie sie für Fahrten zwischen der näher zur Arbeitsstätte gelegenen Wohnung in B angefallen wären.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Es können bei Vorliegen zweier Wohnungen weder Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung noch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von der weiter entfernt liegenden Wohnung aus steuerlich berücksichtigt werden, wenn sich der Lebensmittelpunkt nicht in der weiter entfernt liegenden Wohnung befindet.
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 6 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung können, wenn ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen hat, Wege von und zu der von der Arbeitsstätte weiter entfernt liegenden Wohnung nur dann bei der Berechnung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Berücksichtigung finden, wenn sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet und sie nicht nur gelegentlich aufgesucht wird. Im Streitfall hatten die Kläger ihren Haupthausstand jedoch weiterhin in B inne. Die objektiv feststellbaren Kriterien vermögen vorliegend nicht ein Vorliegen des Lebensmittelpunktes in A zu begründen.
Die verheirateten Kläger haben im Hausstand am Beschäftigungsort (beruflicher Lebensmittelpunkt) in B nicht nur die meiste Zeit des Jahres verbracht, es fand das eheliche Leben im Wesentlichen auch in dem Hausstand am Beschäftigungsort statt. Die Beziehungen der Eheleute untereinander sind erheblich höher zu gewichten als die Beziehungen zu anderen Personen oder Orten. Dort wo die Eheleute hauptsächlich ihre Ehe leben, liegt - von Ausnahmefällen abgesehen - auch ihr Haupthausstand.
Eine strikte Trennung zwischen der beruflichen und der privaten Sphäre in dem Sinne, dass alles was die Lebensinteressen der Ehegatten betrifft, von ausschließlich privaten Kontakten und Beziehungen geprägt ist und diese Aktivitäten überwiegend von der Wohnung in A aus unternommen werden, während alles, was irgendwie mit dem beruflichen Umfeld zu tun hat, zwar von der Doppelhaushälfte in B aus vorgenommen wird, aber außerhalb ihrer eigentlichen Lebensinteressen liegt, ist lebensfremd.
Es mag zwar sein, dass die Kläger einen neuen Freundeskreis in A aufgebaut haben und hier auch Vereinen und privaten Gemeinschaften angehören. Dies spricht jedoch nicht für einen Lebensmittelpunkt in A, sondern für typische Freizeitaktivitäten am Wochenende oder im Urlaub. Solche Freizeitaktivitäten sprechen nicht für eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach A, da die Freizeitgestaltung am Wochenende und ggf. im Urlaub bei beiderseits berufstätigen Eheleuten nicht notwendig den Schwerpunkt ihrer gesamten Lebensplanung und Lebensführung darstellt. Letztlich haben die Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können, dass die Wohnung nicht nur an den Wochenenden oder mehr als nur kurzfristig genutzt wurde.