Zur Anrechnung niederländischer Schenkungsteuer bei mehreren Erwerben
BFH 7.9.2011, II R 58/09Die in Deutschland wohnende Klägerin hatte von ihrer in den Niederlanden lebenden Mutter mehrere dort der Schenkungsteuer unterworfene Bargeldzuwendungen erhalten. Das Finanzamt in Deutschland setzte daraufhin Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest. Den Anrechnungsbetrag für die Vorschenkungen ermittelte es in der Weise, dass es von der fiktiven Schenkungsteuer für die Vorerwerbe die niederländische Schenkungsteuer für den jeweils letzten Vorerwerb abzog. Die niederländische Schenkungsteuer wurde insoweit angerechnet, als sie auf den jeweiligen Erwerb am Stichtag entfiel.
Die Klägerin begehrte allerdings die Anrechnung der gesamten niederländischen Schenkungsteuer. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens erließ das Finanzamt geänderte Steuerbescheide, in denen es den nach § 14 Abs. 1 ErbStG ermittelte Anrechnungsbetrag nunmehr jeweils ohne eine Kürzung um niederländische Schenkungsteuer berücksichtigte. Die Klägerin sah darin eine Verletzung von § 14 und § 21 ErbStG. Der vom Finanzamt gewählte Berechnungsweg führe zu einer Doppelbesteuerung und zu einer teilweisen Nichtanrechnung der für die Zuwendungen gezahlten ausländischen Schenkungsteuer.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Eine weitergehende Anrechnung der von der Klägerin gezahlten niederländischen Schenkungsteuer war weder nach § 14 ErbStG noch nach § 21 ErbStG noch unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Grundsätze gerechtfertigt.
Die für die Vorschenkungen anzurechnende Steuer war nicht mit jeweils höheren Beträgen als vom Finanzamt in den Steuerbescheiden berücksichtigt abzuziehen. Bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer für einen Erwerb, der auch in den Niederlanden der Schenkungsteuer unterliegt, führt die Berücksichtigung von ebenfalls in den Niederlanden besteuerten Vorerwerben nach § 14 ErbStG nicht zu einer Anrechnung der für die gesamten Vorerwerbe gezahlten niederländischen Steuer.
Die in den Niederlanden gezahlte Schenkungsteuer ist nur insoweit nach § 21 ErbStG anzurechnen, als sie auf die besteuerte Zuwendung (Letzterwerb) entfällt. Für die von der Klägerin begehrte Anrechnung weiterer Steuerbeträge für die Vorerwerbe fehlte es an einer Rechtsgrundlage. Anhaltspunkte für eine den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Besteuerung waren nicht erkennbar. Die in § 14 und § 21 ErbStG geregelte Besteuerung eines Erwerbs von Auslandsvermögen, für den auch ausländische Schenkungsteuer gezahlt wurde, verstößt auch nicht gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 56 und Art. 58 EG (jetzt Art. 63 und Art. 65 AEUV).
Eine freigebige Zuwendung, die von einem Schenker mit Wohnsitz in den Niederlanden an einen Bedachten mit Wohnsitz in der Bundesrepublik ausgeführt wird, wird nur deshalb höher mit Schenkungsteuer belastet, weil sowohl die Bundesrepublik als auch die Niederlande die Schenkung besteuern und die Doppelbelastung nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausgeschlossen wird. § 21 ErbStG sieht zwar die Anrechnung der ausländischen Schenkungsteuer vor. Da aber die Besteuerungssysteme in beiden Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet sind, kann es für Erwerbe zu einer Festsetzung von inländischer und ausländischer Schenkungsteuer kommen.
Das Gemeinschaftsrecht schreibt in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der EU keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts vorbehaltlich dessen Beachtung über eine gewisse Autonomie in diesem Bereich verfügen und deshalb nicht verpflichtet sind, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen.
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