Zur Behandlung von Währungskursverlusten bei darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen im Drittstaatenfall
Kurzbesprechung
BFH v. 24.4.2024 - I R 41/20
KStG § 8b Abs 3 S 4, § 8b Abs 3 S 5, § 8b Abs 3 S 6, § 8b Abs 3 S 7
AEUV Art 49, Art 63 Abs 1, Art 267 Abs 3
GG
Streitig war, ob Währungskursverluste im Streitjahr 2014 nicht abziehbare Gewinnminderungen im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG sind. Der BFH folgte der Entscheidung des FG, das die streitigen Währungskursverluste nach § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG nicht einkommensmindernd berücksichtigt hatte.
§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG knüpft an die Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG an, die ihrerseits auf § 8b Abs. 2 KStG Bezug nimmt. Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen.
Der in Bezug genommene § 8b Abs. 2 KStG erfasst unter anderem Anteile an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Gewinne aus der Veräußerung eines solchen Anteils bleiben ebenso wie Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Werts (Gewinn aus Wertaufholung nach Teilwertabschreibung) bei der Ermittlung des Einkommens der beteiligten Körperschaft außer Ansatz (§ 8b Abs. 2 Satz 1 und 3 KStG). Dies gilt auch für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.
§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG verfolgt den Zweck, für die Aufwandseite eine Korrespondenz zu der in § 8b Abs. 2 KStG statuierten Steuerbefreiung herzustellen. Folglich erfasst § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG vor allem Vorgänge, die (auch) § 8b Abs. 2 KStG unterfallen und nicht zu einem Gewinn, sondern zu einem (Substanz-)Verlust führen. Dies betrifft insbesondere Verluste aus der Veräußerung von Anteilen und der Auflösung (Liquidation) der Gesellschaft sowie Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) des in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteils entstehen.
Durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 (BStBl I 2008, 218) ist das auf Eigenkapitalfinanzierungen der Gesellschafter beschränkte Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auf bestimmte Fremdkapitalfinanzierungen erweitert worden.
Nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gehören zu den Gewinnminderungen im Sinne des Satzes 3 auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war. Da diese Regelung den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG erweitert, gilt sie ebenfalls nicht nur für Beteiligungen an inländischen, sondern auch für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.
§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ist allerdings nicht anzuwenden, wenn nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte ("Escape" durch Fremdvergleich); dabei sind nur die eigenen Sicherungsmittel der Gesellschaft zu berücksichtigen (§ 8b Abs. 3 Satz 6 KStG). Die Sätze 4 bis 6 gelten entsprechend für Forderungen aus Rechtshandlungen, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbar sind (§ 8b Abs. 3 Satz 7 KStG).
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.06.2021 (BStBl I 2021, 889) ist § 8b Abs. 3 KStG um einen neuen Satz 6 ergänzt worden, der ausdrücklich regelt, dass Währungskursverluste nicht als Gewinnminderungen im Sinne von Satz 4 gelten. Allerdings erstreckt sich der zeitliche Anwendungsbereich dieser Regelung nicht auf das Streitjahr; nach § 34 Abs. 5 Satz 2 KStG i.d.F. des KöMoG ist sie erst auf Gewinnminderungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 eintreten.
Im Streitfall hatte das FG die Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 Satz 4 und 7 KStG zu Recht als erfüllt angesehen. Die Steuerpflichtige hatte ihrer Tochtergesellschaft, die mit einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist und deren alleinige Gesellschafterin sie war, zwar kein Darlehen im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gewährt. Das Stehenlassen von streitigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen erfüllt aber unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Streitfalls die Voraussetzungen eines darlehensähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG.
Eine teleologische Reduktion des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG lehnt der BFH ebenso wie die Vorinstanz für den Fall der Gewinnminderungen durch Währungskursverluste ab und schließt sich damit der Auffassung der Finanzverwaltung sowie Teilen der Literatur an, die eine Einbeziehung der Wertminderungen durch Währungskursverluste befürworten.
Der Nachweis eines Fremdvergleichs nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG kann im Fall von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen grundsätzlich unter zwei Gesichtspunkten erbracht werden. Entweder weist der Steuerpflichtige (Lieferant/Darlehensgeber) nach, dass er in vergleichbaren Fällen und zu vergleichbaren Konditionen auch gegenüber fremden Dritten fällige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nicht beigetrieben und/oder zinslos gestundet hat. Oder er weist nach, dass fremde Dritte, die ebenfalls Gläubiger der Tochtergesellschaft waren, in vergleichbaren Fällen entsprechende Verlängerungen der Zahlungsziele vereinbart beziehungsweise faktisch gewährt haben. Gegebenenfalls können hierfür auch statistische Auswertungen über die Gepflogenheiten bei der Gewährung von Zahlungszielen im Markt des Darlehensnehmers herangezogen werden, zumal an den Nachweis nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG generell keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind, da § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG für die Annahme eines Umgehungstatbestands auf eine sehr weit gehende Pauschalierung der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zurückgreift.
Im Streitfall hatte das FG den Nachweis nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG unter beiden Gesichtspunkten geprüft und im Ergebnis ohne Rechtsfehler als nicht erbracht angesehen.
Schließlich hält der BFH ein Abzug der Währungskursverluste auch nicht aus unionsrechtlichen Gründen für geboten.
Hinweis: Siehe hierzu auch die teilweise inhaltsgleiche Entscheidung des BFH v. 24.4.2024 - I R 11/23.
Verlag Dr. Otto Schmidt
KStG § 8b Abs 3 S 4, § 8b Abs 3 S 5, § 8b Abs 3 S 6, § 8b Abs 3 S 7
AEUV Art 49, Art 63 Abs 1, Art 267 Abs 3
GG
Streitig war, ob Währungskursverluste im Streitjahr 2014 nicht abziehbare Gewinnminderungen im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG sind. Der BFH folgte der Entscheidung des FG, das die streitigen Währungskursverluste nach § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG nicht einkommensmindernd berücksichtigt hatte.
§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG knüpft an die Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG an, die ihrerseits auf § 8b Abs. 2 KStG Bezug nimmt. Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen.
Der in Bezug genommene § 8b Abs. 2 KStG erfasst unter anderem Anteile an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Gewinne aus der Veräußerung eines solchen Anteils bleiben ebenso wie Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Werts (Gewinn aus Wertaufholung nach Teilwertabschreibung) bei der Ermittlung des Einkommens der beteiligten Körperschaft außer Ansatz (§ 8b Abs. 2 Satz 1 und 3 KStG). Dies gilt auch für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.
§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG verfolgt den Zweck, für die Aufwandseite eine Korrespondenz zu der in § 8b Abs. 2 KStG statuierten Steuerbefreiung herzustellen. Folglich erfasst § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG vor allem Vorgänge, die (auch) § 8b Abs. 2 KStG unterfallen und nicht zu einem Gewinn, sondern zu einem (Substanz-)Verlust führen. Dies betrifft insbesondere Verluste aus der Veräußerung von Anteilen und der Auflösung (Liquidation) der Gesellschaft sowie Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) des in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteils entstehen.
Durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 (BStBl I 2008, 218) ist das auf Eigenkapitalfinanzierungen der Gesellschafter beschränkte Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auf bestimmte Fremdkapitalfinanzierungen erweitert worden.
Nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gehören zu den Gewinnminderungen im Sinne des Satzes 3 auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war. Da diese Regelung den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG erweitert, gilt sie ebenfalls nicht nur für Beteiligungen an inländischen, sondern auch für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.
§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ist allerdings nicht anzuwenden, wenn nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte ("Escape" durch Fremdvergleich); dabei sind nur die eigenen Sicherungsmittel der Gesellschaft zu berücksichtigen (§ 8b Abs. 3 Satz 6 KStG). Die Sätze 4 bis 6 gelten entsprechend für Forderungen aus Rechtshandlungen, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich vergleichbar sind (§ 8b Abs. 3 Satz 7 KStG).
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.06.2021 (BStBl I 2021, 889) ist § 8b Abs. 3 KStG um einen neuen Satz 6 ergänzt worden, der ausdrücklich regelt, dass Währungskursverluste nicht als Gewinnminderungen im Sinne von Satz 4 gelten. Allerdings erstreckt sich der zeitliche Anwendungsbereich dieser Regelung nicht auf das Streitjahr; nach § 34 Abs. 5 Satz 2 KStG i.d.F. des KöMoG ist sie erst auf Gewinnminderungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 eintreten.
Im Streitfall hatte das FG die Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 Satz 4 und 7 KStG zu Recht als erfüllt angesehen. Die Steuerpflichtige hatte ihrer Tochtergesellschaft, die mit einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist und deren alleinige Gesellschafterin sie war, zwar kein Darlehen im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gewährt. Das Stehenlassen von streitigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen erfüllt aber unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Streitfalls die Voraussetzungen eines darlehensähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG.
Eine teleologische Reduktion des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG lehnt der BFH ebenso wie die Vorinstanz für den Fall der Gewinnminderungen durch Währungskursverluste ab und schließt sich damit der Auffassung der Finanzverwaltung sowie Teilen der Literatur an, die eine Einbeziehung der Wertminderungen durch Währungskursverluste befürworten.
Der Nachweis eines Fremdvergleichs nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG kann im Fall von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen grundsätzlich unter zwei Gesichtspunkten erbracht werden. Entweder weist der Steuerpflichtige (Lieferant/Darlehensgeber) nach, dass er in vergleichbaren Fällen und zu vergleichbaren Konditionen auch gegenüber fremden Dritten fällige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nicht beigetrieben und/oder zinslos gestundet hat. Oder er weist nach, dass fremde Dritte, die ebenfalls Gläubiger der Tochtergesellschaft waren, in vergleichbaren Fällen entsprechende Verlängerungen der Zahlungsziele vereinbart beziehungsweise faktisch gewährt haben. Gegebenenfalls können hierfür auch statistische Auswertungen über die Gepflogenheiten bei der Gewährung von Zahlungszielen im Markt des Darlehensnehmers herangezogen werden, zumal an den Nachweis nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG generell keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind, da § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG für die Annahme eines Umgehungstatbestands auf eine sehr weit gehende Pauschalierung der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zurückgreift.
Im Streitfall hatte das FG den Nachweis nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG unter beiden Gesichtspunkten geprüft und im Ergebnis ohne Rechtsfehler als nicht erbracht angesehen.
Schließlich hält der BFH ein Abzug der Währungskursverluste auch nicht aus unionsrechtlichen Gründen für geboten.
Hinweis: Siehe hierzu auch die teilweise inhaltsgleiche Entscheidung des BFH v. 24.4.2024 - I R 11/23.