Zur Bemessung des steuerpflichtigen Erwerbs bei Verzicht auf ein zuvor vorbehaltenes Nießbrauchsrecht an einem GmbH-Anteil
FG Münster 10.1.2013, 3 K 2461/11 ErbDer Kläger hatte Ende 2002 seinem Sohn einen Gesellschaftsanteil an einer GmbH geschenkt. Der gemeine Wert der übertragenen Anteile betrug zu diesem Zeitpunkt "360" €. Dabei behielt sich der Kläger ein Nießbrauchsrecht im Wert von "126" € vor. Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer im März 2004 berücksichtigte das Finanzamt antragsgemäß die Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG. Diese betrug "152" €, so dass ein steuerpflichtiger Wert i.H.v. "208" € verblieb. Die Nießbrauchsverpflichtung kürzte das Finanzamt unter Hinweis auf § 10 Abs. 6 ErbStG zunächst um einen Betrag von "53" €, der auf den gem. § 13a ErbStG steuerfreien Anteil am übertragenen GmbH-Anteil entfiel. Die verbleibenden "73" € ließ es wegen § 25 ErbStG nicht zum Abzug zu und stundete die darauf entfallende Schenkungsteuer.
Im Juli 2007 verzichtete der Kläger mit Wirkung zum 1.1.2008 auf das ihm zustehende Nießbrauchsrecht, dessen gemeiner Wert zu diesem Zeitpunkt "162" € betrug. Die durch den Verzicht ausgelöste Schenkungsteuer sollte der Kläger übernehmen. In der daraufhin beim Finanzamt eingereichten Schenkungsteuererklärung gab der Kläger den Wert des steuerpflichtigen Erwerbs des Nießbrauchsverzichtes mit "36" € an. Die Steuerbehörde legte jedoch bei der Berechnung einen Nießbrauchswert i.H.v. "89" € zugrunde. Diesen Wert ermittelte sie, indem sie den Nießbrauchswert zum Verzichtszeitpunkt, "162" €, um den Wert kürzte, der bei der Übertragung der Anteile an der GmbH wegen § 25 ErbStG nicht abgezogen wurde, "73" €.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen, um die Fragen der Anwendung des Bereicherungsprinzips im Rahmen des § 10 ErbStG bei einem Zusammenspiel von § 10 Abs. 6 ErbStG und § 25 ErbStG einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die Ermittlung der steuerlichen Bereicherung nach § 10 ErbStG zutreffend vorgenommen, insbesondere den Wert des Nießbrauchsverzichtes mit "89" € richtig bemessen.
Es war zu berücksichtigen, dass eine als Folge des Abzugsverbots nach § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG mögliche zweimalige steuerliche Erfassung des gleichen Vermögensgegenstandes, nämlich des Nutzungsrechts sowohl bei der Nichtberücksichtigung als Abzugsposten als auch beim späteren Verzicht, dem in § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG verankerten Bereicherungsprinzip widersprechen würde. Dieses gebietet die Anknüpfung der Besteuerung an die (Netto-)Bereicherung des Erwerbers und schließt damit die mehrfache steuerliche Erfassung eines Vermögenszuwachses aus. Eine Doppelerfassung des Nießbrauchsrechts als Folge des Abzugsverbots müsste deshalb bei der Besteuerung des späteren Nießbrauchsverzichts durch den Abzug des bei der Besteuerung des nießbrauchsbelasteten Gegenstandes tatsächlich unberücksichtigt gebliebenen (Steuer-)Werts des Nutzungsrechts von der Bemessungsgrundlage (Steuerwert) für den Rechtsverzicht beseitigt werden.
Im vorliegenden Fall betrug der Kapitalwert des Nießbrauchs zum Zeitpunkt des Verzichtes "162" €. Um eine steuerliche Doppelerfassung zu vermeiden und dem steuerlichen Bereicherungsprinzip Rechnung zu tragen, waren von diesem Wert "73" € abzuziehen, da der Nießbrauch i.H.d. Betrages bereits bei der ursprünglichen Übertragung des nießbrauchsbelasteten GmbH-Anteils steuerlich erfasst worden war. Die vom Kläger begehrte weitere Kürzung um "53" € aufgrund dieses Bereicherungsprinzips war nicht gerechtfertigt.
Eine zweimalige steuerliche Erfassung des Nießbrauchs kann nur insoweit vorliegen, als der Nießbrauch bei der ursprünglichen Besteuerung der Übertragung des nießbrauchsbelasteten GmbH-Anteils steuerlich tatsächlich belastet wurde. Im vorliegenden Fall, in dem der ursprüngliche der GmbH-Anteil aufgrund der Begünstigung des § 13a ErbStG teilweise steuerfrei geblieben war und der Nießbrauch daher schon wegen § 10 Abs. 6 ErbStG nicht zum Abzug zugelassen worden war, blieb der Nießbrauch, soweit er auf das steuerfreie Vermögen entfiel, steuerlich noch unbelastet. Das Abzugsverbot des § 10 Abs. 6 ErbStG unterscheidet sich insofern von § 25 ErbStG als es untrennbar mit der steuerlichen Freistellung des ursprünglichen Zuwendungsgegenstandes verknüpft ist, wohingegen § 25 ErbStG ein isoliertes Abzugsverbot vorsieht, das zu einer Bruttobesteuerung des ursprünglichen Zuwendungsgegenstandes führt.
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