Zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer im Zwangsversteigerungsverfahren bei Rückerwerb
FG Düsseldorf 11.2.2014, 7 K 3097/14 GEDie Klägerin verkaufte im Jahr 2008 ein unbebautes Grundstück an B zum Kaufpreis von rd. 37.000 €. Im notariellen Kaufvertrag verpflichtete sich der Erwerber, das Grundstück innerhalb von drei Jahren zu bebauen; sollte er dieser Verpflichtung trotz Mahnung mit angemessener Fristsetzung nicht nachkommen, sollte die Klägerin berechtigt sein, von dem Vertrag zurückzutreten und die schulden- und lastenfreie Rückübertragung zu verlangen. Dem jeweiligen Eigentümer wurde untersagt, den Grundbesitz anders als für den Verkauf von Natursteinen sowie Gartenzubehör zu nutzen; diese Nutzungsbeschränkung war durch Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin zu sichern.
Außerdem wurde eine Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten der Klägerin vereinbart. Mit Schreiben vom 2.10.2008 an den Notar stimmte die Klägerin der Rangänderung ihrer Rückauflassungsvormerkung hinter eine Grundschuld zu Gunsten der C-Bank zu. Im Juni 2013 beantragte die C-Bank als Gläubigerin des B die Zwangsversteigerung des Grundstücks, die das AG anordnete. Der seitens des Gerichts beauftragte Sachverständige ermittelte einen Verkehrswert des Grundstücks von 106.000 €. Der Kapitalwert der auf dem Grundstück lastenden Rechte Abteilung II Nr. 1 und 4 belief sich auf rd. 69.400 €. Dabei handelte es sich um eine Nutzungsbeschränkung sowie ein Wasserleitungsrecht zu Gunsten der Klägerin.
Dementsprechend setzte das AG den Verkehrswert gem. § 74 a ZVG auf 106.000 € fest. Im Versteigerungstermin wurde seitens des Gerichts die Vorschrift des § 51 ZVG erläutert und darauf hingewiesen, dass der Wert des belasteten Grundstücks rechtskräftig auf 106.000 € festgesetzt worden sei und die Differenz zu dem früheren Verkaufspreis von rd. 37.000 € (rd. 68.900 €) als fiktiver Zuzahlungsbetrag gelte. Die Klägerin blieb im Versteigerungstermin über das Grundstück mit einem Gebot von 35.000 € Meistbietende. Mit Beschluss des AG wurde ihr das Grundstück zugeschlagen. Das Finanzamt setzte für den Erwerb Grunderwerbsteuer i.H.v. 5.220 € nach einer Bemessungsgrundlage von 35.000 € (Meistgebot) zzgl. bestehen bleibender Rechte i.H.v. rd. 69.400 € fest.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Der Hauptantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Bescheides hat keinen Erfolg. § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG greift vorliegend nicht ein. Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück erwirbt, auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. Zwar hatten die Vertragsparteien zu Gunsten der Klägerin ein Rücktrittsrecht vereinbart. Eine Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs aufgrund dieses Rücktrittsrechts ist aber nicht erfolgt. Denn die Zwangsversteigerung ist von der C-Bank beantragt und durchgeführt worden, bevor eine Rückabwicklung des Vertrages zwischen der Klägerin und dem Erwerber erfolgt ist.
Zudem hat das Finanzamt zu Recht die Grunderwerbsteuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG i.H.v. 5.220 € festgesetzt. Als Gegenleistung gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG knüpft formalrechtlich streng an das Zwangsversteigerungsrecht an. Das Meistgebot umfasst das geringste Gebot und das über das geringste Gebot hinausgehende Mehrgebot. Zu dem geringsten Gebot gehören gem. § 44 Abs. 1, § 52 ZVG auch die bestehen bleibenden Rechte. Bestehen bleibende Rechte sind nach § 52 I S. 1 ZVG alle bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten und nicht durch Zahlung zu deckenden Rechte am Grundstück aus Abt. II und III des Grundbuchs. Unerheblich ist insoweit, ob die bestehen bleibenden Rechte dem Erwerber selbst zustehen. Bei dinglichen Rechten - hier: die Dienstbarkeit zugunsten der Klägerin - kommt eine Konsolidation durch Zusammentreffen von Berechtigung und Verpflichtung gerade nicht in Betracht (vgl. § 889 BGB).
Nach den hier festgelegten Versteigerungsbedingungen blieben hier die Rechte Abt. II/1 und II/4 mit einem Wert von 69.400 € bestehen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG. Danach gehören zur Gegenleistung auch die Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen (S. 1), mit Ausnahme der auf dem Grundstück ruhenden dauernden Lasten (S. 2). Im Streitfall kann dahinstehen, ob § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG nur für den Fall anzuwenden ist, dass Grundstückslasten nach den Versteigerungsbedingungen außerhalb des geringsten Gebots ausnahmsweise bestehen bleiben. Denn eine dauernde Last i.S.d. Vorschrift liegt hier nicht vor. Dauernde Lasten i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG sind u.a. Grunddienstbarkeiten gem. §§ 1018 ff. BGB. Im hier zu beurteilenden Fall handelt es sich dagegen sowohl bei der eingetragenen Nutzungsbeschränkung als auch dem Wasserleitungsrecht um beschränkt persönliche Dienstbarkeiten nach §§ 1090 ff. BGB. Diese stellen keine dauernde Last i.S.v. § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG dar. Denn sie sind lediglich zu Gunsten einer bestimmten Person - hier: der Klägerin - und nicht zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks eingetragen.
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