Zur Berücksichtigung von Aufwendungen bei der Einkünftegrenze für die Zahlung von Kindergeld
FG Düsseldorf 28.10.2011, 3 K 1332/09 KgDer Kläger erhielt für seine Tochter Kindergeld. Diese studierte bis zum 30.09.2007 Wirtschaftsrecht und wohnte nicht mehr im Elternhaus. Daneben arbeitete sie im Streitjahr 2006 für eine Anwaltskanzlei. Dabei erzielte sie unstreitig Jahreseinkünfte i.H.v. rund 8.150 €. Infolgedessen hob die Familienkasse für das Jahr 2006 die Kindergeldfestsetzung auf und forderte zugleich das überzahlte Kindergeld i.H.v. 1.848 € zurück. Zur Begründung führte die Behörde an, dass die zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge den Betrag von 7.680 € überschritten.
Der Kläger machte daraufhin geltend, dass bei den Einkünften und Bezügen zusätzlich zu den bisher geltend gemachten Abzügen die Aufwendungen für eine private Krankenversicherung i.H.v. 401 € sowie die Semestergebühren i.H.v. 358 € zu berücksichtigen seien. Somit käme man auf einen Betrag von lediglich 7.446 €. Die Familienkasse hielt dagegen, dass Beiträge für eine private Krankenversicherung nur anerkannt werden könnten, wenn das Kind auch gleichzeitig Versicherungsnehmer sei. Hier sei die Tochter aber nicht als Versicherungsnehmer aufgeführt, sondern als versicherte Person.
Das FG gab der gegen die Rückforderung gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen Divergenz zu der Entscheidung des FG München vom 27.7.2009 (Az.: 9 K 2237/08) die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Die Familienkasse hatte die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2006 zu Unrecht wegen Überschreitens des Grenzbetrags nach § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben.
Die Semestergebühren i.H.v. 358 € waren zumindest in der nicht auf das Semesterticket entfallenden Höhe von 149 € als vorweggenommene Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen. Dies ergab sich aus den BFH-Urteilen vom 28.7.2011 (Az.: VI R 7/10 u. VI R 38/10), wonach Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Studium als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein können. Dies gilt auch für die nicht auf das Semesterticket entfallenden Gebühren, ohne deren Entrichtung der Besuch und damit die Nutzung der Einrichtungen einer (Fach-) Hochschule nicht möglich ist.
Hinsichtlich der privaten Krankenversicherung ist es in der FG-Rechtsprechung allerdings umstritten, ob es sich bei den Beiträgen um unvermeidbare Beiträge handelt, die bei der Einkünfteberechnung mindernd zu berücksichtigen sind. Nach Ansicht des FG München genügt es nicht, dass der Steuerpflichtige selbst durch die Beitragszahlungen wirtschaftlich belastet ist. Er muss sie außerdem als Versicherungsnehmer geleistet haben. Der Senat ist jedoch - ebenso wie das FG Münster und das FG Berlin-Brandenburg - der Auffassung, dass die vom Kläger für seine Tochter geleisteten Beiträge zur privaten Krankenversicherung bei der Frage, ob der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG überschritten wird, mindernd zu berücksichtigen sind.
Der BFH stellte in seiner Entscheidung zur Berücksichtigung von Beiträgen zu privaten Krankenversicherungen (BFH-Urteil v. 14.12.2006, Az.: III R 24/06) darauf ab, ob bestimmte Einkünfte die unterhaltsverpflichteten Eltern tatsächlich entlasten. Eine tatsächliche Entlastung der Eltern werde jedoch dann verfehlt, wenn die fraglichen Einkünfte durch unvermeidbare Ausgaben wie eine Krankenversicherung gebunden und daher nicht zur Bestreitung des Existenzminimums zu Verfügung stehen. Diese Ausrichtung rechtfertigt und gebietet es, Unterhaltsleistungen der Eltern an das Kind in Gestalt der Übernahme von dessen privater Krankenversicherung nicht anders zu beurteilen, als Unterhaltszahlungen mit dem Zweck, dem Kind die Bezahlung seiner eigenen privaten Krankenversicherung zu ermöglichen.
Es kann und darf keinen maßgeblichen Unterschied machen, ob das Kind sich selbst krankenversichert hat und die Beiträge im Rahmen des Unterhaltes von den Eltern zur Verfügung gestellt bekommt oder ob die Eltern das Kind versichern und unmittelbar die Beiträge als eigene Verpflichtung an die Versicherung abführen. Denn in beiden Fällen werden die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern und die Frage ihrer finanziellen Entlastungen durch Freibeträge und Kindergeld in derselben Weise betroffen.
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