Zur Berücksichtigung von Beerdigungskosten eines nahen Angehörigen als außergewöhnliche Belastungen
FG Münster 1.7.2013, 2 K 1062/12 EDer Kläger hatte im Jahr 1991 ein Zweifamilienhaus von seinen Eltern erhalten. Das Grundstück war mit einer Grundschuld i.H.v. 85.000 DM belastet. Als Gegenleistung für die Übertragung räumte der Kläger seinen Eltern ein Wohnrecht (Jahreswert 6.429 DM) an der Wohnung im Obergeschoss ein und verpflichtete sich u.a., die Kosten der Beerdigung zu übernehmen, soweit nicht Kostenerstattungen erfolgten. Außerdem sollte er den Erblassern nach der Übergabe 20.000 DM zahlen. In diesem Vertrag verpflichtete er sich zudem, seinen beiden Geschwistern im Hinblick auf deren Erb- und Pflichtteilsverzicht jeweils 20.000 DM nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils zu zahlen. Die Eltern setzten zulasten des Klägers Vermächtnisse aus, wonach seine Geschwister zu je ½ das komplette Spar- und Barvermögen und alles bewegliche Vermögen erhalten sollten.
Die Mutter des Klägers verstarb im Streitjahr 2010. Sie war die zuletzt Versterbende. Der Kläger übernahm vertragsgemäß die Beerdigungskosten. Mit der Einkommensteuererklärung machte er Aufwendungen i.H.v. 6.227 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Dad Finanzamt ließ diese Aufwendungen bei Erlass seiner Einkommensteuerbescheide jedoch unberücksichtigt, weil sie durch den ererbten Nachlass gedeckt seien. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Sache ist mittlerweile unter dem Az.: VI B 92/13 beim BFH anhängig.
Die Gründe:
Die geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 5.180 € stellten keine außergewöhnliche Belastung dar. Denn sie waren nicht zwangsläufig i.S.v. § 33 EStG.
Außergewöhnliche Aufwendungen sind dem Grunde nach zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, § 33 Abs. 2 S. 1 EStG. Als rechtlicher Grund für die Übernahme der Beerdigungskosten kamen im vorliegenden Fall sowohl § 1968 BGB als auch der Übergabevertrag aus dem Jahr 1991 in Betracht. Als ein die Zwangsläufigkeit begründender rechtlicher Grund kommt jedoch grundsätzlich nur eine rechtliche Verpflichtung in Betracht, die der Steuerpflichtige nicht selbst gesetzt hat. In Anwendung dieses Grundsatzes waren die Aufwendungen für die Beerdigungskosten im Streitfall nicht zu berücksichtigen. Denn der Kläger hatte sich freiwillig - bzw. im Hinblick auf die Übertragung des Grundstücks und den Erb- und Pflichtteilsverzicht seiner Geschwister - bereit erklärt, die Beerdigungskosten allein zu tragen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergab sich die Zwangsläufigkeit zur Übernahme der Beerdigungskosten auch nicht - zusätzlich - aus sittlichen Gründen. Zwar bestehen sittliche Gründe zur Übernahme der Beerdigungskosten im Allgemeinen bei einem nahen Angehörigen. Dies gilt auch dann, wenn er die Erbschaft ausschlägt. Im Streitfall hatten die Eltern des Klägers ihm allerdings nicht ihre gesamte Existenzgrundlage übertragen. Sie haben sich neben der Zurückbehaltung eines Wohnrechts noch erhebliche Zahlungen - sofortige an sich selbst und spätere bei Eintritt des Erbfalls an die Geschwister des Klägers - ausbedungen. Außerdem waren Vermächtnisse zugunsten der Geschwister und zu Lasten des Klägers ausgesetzt.
Angesichts dieser Vereinbarungen bestand eine sittliche Verpflichtung des Klägers zur Übernahme der Beerdigungskosten allenfalls in dem Umfang, wie er sie aus dem Substanz- und Nutzungswert des übergebenen Grundstücks bzw. dem ererbten Nachlass decken konnte. Soweit dagegen bereits bei Abschluss der Vereinbarungen aus dem Jahr 1991 erkennbar gewesen sein sollte, dass die Verpflichtungen gegenüber den Eltern und den Geschwistern die übertragenen und ererbten Werte übersteigen würden, bestand für den Kläger keine (zusätzliche) sittliche Verpflichtung, die Beerdigungskosten (allein und in vollem Umfang) zu übernehmen.
Letztlich ging das erkennende Gericht bei der gebotenen wertenden Betrachtung jedoch davon aus, dass Aufwendungen dann nicht zwangsläufig i.S.v. § 33 Abs. 1 EStG sind, wenn ein Steuerpflichtiger - wie hier - vertraglich Verpflichtungen übernimmt und er im Gegenzug Vermögenswerte im Wege der vorweggenommener Erbfolge erhält. Denn in diesen Fällen ist anzunehmen, dass die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt sind, ansonsten wäre der Vertrag nicht oder nicht mit dem Inhalt geschlossen worden.
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