Zur beruflichen Veranlassung der wegen eines Umzugs geleisteten doppelten Mietzahlungen
BFH 13.7.2011, VI R 2/11Streitig ist, ob die Mietaufwendungen für eine neue Familienwohnung, die am Beschäftigungsort von einem Ehegatten bereits genutzt wird, bis zum Nachzug der Familie unbeschränkt abzugsfähige Werbungskosten sind.
Der Kläger wurde im Streitjahr 2008 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab dem 1.11.2007 arbeitete der Kläger in T. Anlässlich des Arbeitsplatzwechsels mieteten der Kläger und seine Ehefrau in der Nähe von T, in R, ab 1.12.2007 eine 165 qm große 5-Zimmer-Wohnung an. Von dort ging der Kläger seiner Arbeit in T nach. Wie von Anfang an geplant zogen die Ehefrau und das Kind des Klägers am 10.2.2008 ebenfalls in diese Wohnung nach. Die bisherige Familienwohnung in E wurde aufgegeben.
In der Einkommensteuererklärung für 2008 begehrte der Kläger u.a. den Abzug des gesamten Mietaufwands für die Wohnung in R für Januar und Februar 2008 als Werbungskosten. Das Finanzamt erkannte den Mietaufwand jedoch - unter Hinweis auf eine doppelte Haushaltsführung - nur anteilig für 60 qm an.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Zwar hat das FG zutreffend erkannt, dass die Mietaufwendungen des Klägers für die Wohnung in R im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nur begrenzt abziehbar sind (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG). Denn notwendige Mehraufwendungen i.S.d. Norm sind nur Mietkosten einer Einzelperson für eine 60 qm große Wohnung zur durchschnittlichen ortsüblichen Miete. Das FG hat die geltend gemachten Mietzahlungen für die Wohnung in R jedoch noch nicht unter dem Aspekt der unbeschränkten Abzugsfähigkeit als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG gewürdigt.
Zu den Werbungskosten zählen auch beruflich veranlasste Umzugskosten und umzugsbedingt geleistete doppelte Mietzahlungen. Der Umzug des Klägers und seiner Familie nach R und damit auch die umzugsbedingt geleisteten doppelten Mietzahlungen sind beruflich veranlasst. Diese Mietaufwendungen können jedoch nur anteilig, und zwar für die bisherige Wohnung ab dem Umzugstag (der Familie) und für die neue Familienwohnung bis zum Umzugstag (der Familie) als Werbungskosten abgezogen werden. Darüber hinaus ist der Werbungskostenabzug umzugsbedingt geleisteter doppelter Mietzahlungen auf den Zeitlauf der ordentlichen Kündigungsfrist des bisherigen Mietverhältnisses begrenzt. Denn nur solange gründet der Aufwand für zwei Wohnungen auf dem beabsichtigten Familienumzug.
§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG steht dem unbeschränkten Abzug des Mietaufwands für die neue Familienwohnung als Umzugskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG nicht entgegen, ungeachtet dessen, dass diese Wohnung vor dem Familiennachzug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt wurde. Denn in einem solchen Fall verdrängt § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG als die speziellere Norm den allgemeinen Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG jedenfalls insoweit nicht, als die Abzugsbegrenzung für Mietaufwendungen ausschließlich die doppelte Haushaltsführung betrifft. Die Unterhaltung zweier Wohnungen dient hier allein dem Zweck der Familienzusammenführung. Daher sind die Mietaufwendungen während der Umzugsphase nicht von der Sonderregelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG erfasst, sondern nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG abziehbar.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts schließt § 8 des Bundesumzugskostengesetzes i.V.m. R 9.9 Abs. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 2008 den Abzug der zusätzlichen Mietkosten für die neue Familienwohnung als Werbungskosten nicht aus. Denn der BFH hat bereits entschieden, dass Erstattungen nach dem Bundesumzugskostengesetz zwar ein Indiz für abziehbare Umzugskosten sind, sich aber die steuerliche Abzugsfähigkeit allein nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG richtet.
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