15.02.2012

Zur Besteuerung bei freiwilligem Eintritt in die gesetzliche Rentenversicherung

Als Nachweis, dass die sog. Öffnungsklausel gem. § 22 Nr. 1 S. 3a, bb S. 2 EStG Anwendung findet, ist grundsätzlich nur eine auf den Einzelfall bezogene Bestätigung der gesetzlichen Rentenversicherung geeignet, die die Zahlungen den jeweiligen Beitragsjahren zuordnet, für die gezahlt wurde und den jeweils über den gesetzlichen Höchstbetrag hinaus erbrachten Beitrag ausweist. Die vor Zahlungsbeginn datierenden Schreiben der BfA und die dort angebrachten persönlichen Zahlungsvermerke können den gesetzlich geforderten Nachweis nicht ersetzen.

BFH 24.8.2011, VIII R 23/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte von einer 1972 gegebenen Möglichkeit zum freiwilligen Eintritt in die Pflichtversicherung bei der BfA Gebrauch gemacht und in der Zeit von Mai 1973 bis Juli 1981 insgesamt 107.888 DM an laufenden Beiträgen und Beiträgen für vergangene Zeiträume (nach-)entrichtet. Die nachentrichteten Beträge wirkten sich nach dem Vortrag des Klägers nicht steuermindernd aus. Später wandte er sich gegen die Besteuerung der von ihm bezogenen Altersrente der BfA (zum Oktober 2005 aufgegangen in der DRV).

Das FG wies die Klage ab. Der Kläger war der Ansicht, die Erfassung eines Besteuerungsanteils von 50 % der BfA/DRV-Rente sei rechtswidrig. Außerdem greife in seinem Fall die sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 S. 3a, bb S. 2 EStG ein.

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Die Beurteilung des FG, nach der die von der BfA/DRV bezogene Altersrente des Klägers mit einem Besteuerungsanteil von 50 % zu erfassen sei, hielt einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Zwar hatte das FG zu Recht die Anwendbarkeit der Regelungen in § 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG bejaht. Auch die freiwillig eingegangene Versicherungspflicht bei der gesetzlichen Rentenversicherung änderte nichts daran, dass die bezogenen Leistungen unter die genannte Vorschrift fielen. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der § 22 Nr. 1 S. 3a, bb S. 1 EStG unterfallenden Renten verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG, wie der X. Senat des BFH in seinem Urteil vom 26.11.2008 (Az.: X R 15/07) entschieden hat.

Außerdem hatte das FG zu Recht die Mehrfachbesteuerung verneint. Denn bei einem Rentenbezug seit dem 1.4.1988 und einer Rente i.H.v. rund 17.400 € p.a. in den Streitjahren war schon bei überschlägiger Berechnung zu ersehen, dass der in den über 16 Bezugsjahren vor 2005 steuerfrei gebliebene Anteil der Rente von 71 % (bei einem bis dahin geltenden Ertragsanteil von 29 %) die Summe der geleisteten Beitragszahlungen des Klägers zur Rentenversicherung bei weitem überstiegen hatte, so dass eine Mehrfachbesteuerung auch dann ausgeschlossen war, wenn man mit dem Kläger davon ausgegangen wäre, dass er die Beiträge vollständig aus versteuertem Einkommen entrichtet hatte.

Zu Unrecht hatte das FG allerdings bei der Besteuerung der Renteneinkünfte des Klägers die sog. Öffnungsklausel gem. § 22 Nr. 1 S. 3a, bb S. 2 EStG außer Betracht gelassen, und aufgrund dieses Rechtsfehlers war die Vorentscheidung aufzuheben. Aus dem Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren war zu ersehen, dass er nach dieser Vorschrift besteuert werden wollte. Somit hatte er den für die Anwendung der Vorschrift vorausgesetzten - an keine Form gebundenen - Antrag gestellt, was ihm bis zum Abschluss des Verfahrens noch möglich war. Er hatte für einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren Beiträge zur Rentenversicherung geleistet. Dass die einzelnen Zahlungen nach seinen Angaben tatsächlich in kürzerer Zeit geleistet wurden, schloss eine Anwendung der Norm nicht aus.

Im zweiten Rechtsgang muss nunmehr der Frage nachgegangen werden, ob im Fall des Klägers der Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens zehn Jahre überschritten wurde. Dazu ist dem Kläger Gelegenheit zu geben, den entsprechenden Nachweis zu führen. Als Nachweis ist grundsätzlich nur eine auf den Einzelfall bezogene Bestätigung der gesetzlichen Rentenversicherung geeignet, die die Zahlungen den jeweiligen Beitragsjahren zuordnet, für die gezahlt wurde und den jeweils über den gesetzlichen Höchstbetrag hinaus erbrachten Beitrag ausweist. Die vor Zahlungsbeginn datierenden Schreiben der BfA und die dort angebrachten persönlichen Zahlungsvermerke können den gesetzlich geforderten Nachweis nicht ersetzen.

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