24.11.2011

Zur Betriebsaufspaltung zwischen einer eingetragenen Genossenschaft und einer GbR

Für den Fall, dass eine eingetragene Genossenschaft Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens und zugleich Mehrheitsgesellschafterin der Besitzpersonengesellschaft, liegt die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche enge personelle Verflechtung vor, wenn die Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft für Abschluss und Beendigung der Miet- oder Pachtverträge gemeinsam zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft befugt sind und dabei mit Stimmenmehrheit nach Anteilen am Kapital der Gesellschaft entscheiden. Dies ist mit dem Beschluss des Großen Senats vom 25.6.1984 (Az.: GrS 4/82) vereinbar.

BFH 8.9.2011, IV R 44/07
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der A-GbR. Diese war im Dezember 1996 von der X-eG und der X-GmbH gegründet worden, wobei die X-eG zu 99 % und die X-GmbH zu 1 % am Kapital der A-GbR beteiligt waren. Alleinige Gesellschafterin der X-GmbH war die X-eG. Die alleinige Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis lag bei der X-GmbH. Für den Abschluss der Mietverträge über das Grundstück war jedoch gemeinsame Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durch die X-GmbH und die X-eG vorgesehen. Für Entscheidungen der Gesellschafter über die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Angelegenheiten war Beschlussfassung mit einfacher Stimmenmehrheit vereinbart.

Kurz nach ihrer Gründung erwarb die A-GbR von der X-eG ein Grundstück, auf dem sich das Hauptstellengebäude der X-eG befand. Die A-GbR vermietete das Grundstück ab Januar 1997 an die X-eG zurück. Diese wurde Anfang 1998 auf die Y-eG verschmolzen, die ihrerseits ein Jahr später auf die Klägerin verschmolzen wurde. Ende 2002 wurde die A-GbR im Wege der Anwachsung von der Klägerin übernommen, so dass sie zu diesem Zeitpunkt erlosch.

Die A-GbR erklärte für die Streitjahre 1996 und 1997 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In der Folgezeit stritt die Klägerin mit dem Finanzamt darüber, ob die A-GbR in den Streitjahren kraft Betriebsaufspaltung einen Gewerbebetrieb unterhalten hatte. Das FG wies die gegen die Gewerbesteuerbescheide gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil teilweise auf und wies sie im Übrigen zurück.

Die Gründe:
Das FG-Urteil war aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, soweit es den Bescheid für 1997 betraf. Ihm lag ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass es insoweit keinen Bestand haben konnte.

Allerdings hat das FG zu Recht entschieden, dass die A-GbR in den Streitjahren wegen einer Betriebsaufspaltung zur X-eG gewerbliche Einkünfte erzielt hatte. Denn ist eine eingetragene Genossenschaft Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens und zugleich Mehrheitsgesellschafterin der Besitzpersonengesellschaft, liegt die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche enge personelle Verflechtung vor, wenn die Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft für Abschluss und Beendigung der Miet- oder Pachtverträge gemeinsam zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft befugt sind und dabei mit Stimmenmehrheit nach Anteilen am Kapital der Gesellschaft entscheiden. Dies ist mit dem Beschluss des Großen Senats vom 25.6.1984 (Az.: GrS 4/82) vereinbar, wonach die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft regelmäßig durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, mithin durch die Tätigkeit der Gesellschaft selbst bestimmt wird.

Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung verletzt auch nicht den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung oder das Prinzip vom Gesetzesvorbehalt. Die gefestigte BFH-Rechtsprechung zum Vorliegen einer Betriebsaufspaltung bei sachlicher und personeller Verflechtung zwischen Betriebs- und Besitzunternehmen ist eine zulässige richterliche Rechtsfortbildung, mit der die auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen gesetzlichen Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG und § 2 Abs. 1 S. 1 GewSt ausgefüllt werden.

Die A-GbR war Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit der X-eG. Es bestand in den Streitjahren eine sachliche Verflechtung zwischen beiden Unternehmen, denn das Grundstück, auf dem sich das Hauptstellengebäude der X-eG befand, war wesentliche Betriebsgrundlage für die X-eG. Die X-eG und die A-GbR waren aber auch personell miteinander verflochten. Die X-eG konnte ihren geschäftlichen Willen dadurch in der A-GbR durchsetzen, dass sie i.H.v. 99 % am Kapital der A-GbR beteiligt war und für Abschluss des Mietvertrags über das Grundstück die Gesellschafter gemeinsam geschäftsführungs- und vertretungsbefugt waren, wobei die Beschlussfassung mit einfacher Stimmenmehrheit nach Anteilen am Kapital erfolgte.

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