Zur Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters der juristischen Person bei Klageerhebung
Hessisches FG 18.3.2014, 4 K 739/12Nach einer steuerlichen Außenprüfung hatte das Finanzamt im Januar 2012 gegen die Klägerin Bescheide für 2001 bis 2005 erlassen und qualifizierte darin die in diesem Zeitraum an eine bosnische Bank gezahlten Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttungen. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung hieß es u.a, dass B. seit 2002 zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt sei.
Gegen die Qualifizierung des Schuldzinsabzugs als verdeckte Gewinnausschüttung richtete sich daraufhin die Klage, die vom Prozessbevollmächtigten für die Klägerin erhoben wurde. Mit Verfügung aus April 2012 hatte der Vorsitzende die Klägerin aufgefordert, ihren gesetzlichen Vertreter zu bezeichnen. Später forderte der Berichterstatter die Klägerin erneut auf, ihren gesetzlichen Vertreter zu bezeichnen, setzte hierfür eine Ausschlussfrist i.S.des § 65 Abs. 2 S. 2 FGO und wies auf die Folgen von nach Ablauf der Frist gemachter Angaben hin. Erst in der mündlichen Verhandlung im März 2014 hat die Klägerin auf Nachfrage des Gerichts nach Hinweis auf die mögliche Unzulässigkeit der Klage angegeben, dass B. senior der Geschäftsführer der Klägerin sei.
Das FG verwarf die Klage als unzulässig, weil innerhalb der diesbezüglich gesetzten Ausschlussfrist der gesetzliche Vertreter der Klägerin nicht bezeichnet worden war. Die Revision ist beim BFH unter dem Az.: I B 42/14 anhängig.
Die Gründe:
Die erst in der mündlichen Verhandlung, d.h. nach Ablauf der Ausschlussfrist erfolgte namentliche Bezeichnung des Geschäftsführers der Klägerin war gem. § 65 Abs. 2 S. 2 FGO unbeachtlich. Für die (rechtzeitige) Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters genügte es hier nicht, dass es in der Einspruchsentscheidung hieß, der B. sei ab 2002 als Geschäftsführer bestellt. Denn die Einspruchsentscheidung betraf inhaltlich nur die Streitjahre 2001 bis 2005, so dass die Angaben des Beklagten nicht als Angaben zu außerhalb des Streitzeitraums verwirklichter Umstände zu verstehen waren. Des Weiteren ist für die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters nach § 65 Abs. 1 S. 1 FGO auch nicht auf Umstände zurückzugreifen, die dem Finanzamt im Zeitpunkt der Klageerhebung aus den Steuerakten bekannt waren oder hätte bekannt sein können.
Soweit im Rahmen einer rechtsschutzgewährenden Auslegung die nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO zu bezeichnenden Elemente durch Rückgriff auf sich außerhalb der Schriftsätze ergebender Umstände zu erforschen sind und dafür ggf. auch die Steuerakten zurückzugreifen ist, gilt dies jedenfalls nicht für die erforderliche Bezeichnung einer als Klägerin bezeichneten juristischen Person und ihres gesetzlichen Vertreters. Denn Ziel des Rückgriffs auf Umstände außerhalb der an das Gericht gerichteten Schriftsätze kann nur sein, den - anhand der Schriftsätze u.U. nicht eindeutig feststellbaren - wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen. Aus den Steuerakten ergibt sich gerade nicht, wer bei einer nicht selbst handlungsfähigen juristischen Person hinter einer bei Gericht anhängig gemachten Klage tatsächlich steht.
Auch im Fall eines für eine GmbH auftretenden Prozessbevollmächtigten ist eine Klage nur zulässig, wenn die Klage mittels Darlegung einer wirksamen und lückenlosen Vertretungskette (vom Prozessbevollmächtigten über die gesetzlichen Vertreter hin zur juristischen Person) auf die durch einen Verwaltungsakt beschwerte und (nur) durch ihre Organe vor Gericht handlungsfähige juristische Person zurückzuführen ist.
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