Zur Bilanzierung eines "Bearbeitungsentgelts" für einen Kredit
BFH 22.6.2011, I R 7/10Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen handelt. Sie nahm zur Finanzierung eines Möbelhauses im Jahr 2001 über ihre Hausbank drei öffentlich geförderte Darlehen auf. Später behandelte sie die Bearbeitungsentgelte für zwei der Darlehen im Rahmen ihrer Gewinnermittlung für das Jahr 2001 als sofort abziehbare Betriebsausgaben.
Das Finanzamt war der Ansicht, die Bearbeitungsentgelte seien auf der Basis von Gesamtlaufzeiten abzugrenzen und legte ertragsteuerlichen Änderungsbescheiden für die Streitjahre 2001 und 2002 entsprechende aktive RAP zugrunde. Das FG wies die u.a. hiergegen erhobene Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Anhand der im FG-Urteil getroffenen Feststellungen ließ sich nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin aktive RAP für die gezahlten Bearbeitungsentgelte zu bilden hat.
Ein Darlehensnehmer kann das bei Vertragsschluss zu leistendes einmalige Entgelt ("Bearbeitungsentgelt") für ein betriebliches Darlehen sofort in voller Höhe steuermindernd absetzen, wenn er es nicht zurückverlangen könnte, falls der Darlehensvertrag vorzeitig beendet wird. Anders ist es, wenn die besagte vorzeitige Vertragsbeendigung ganz unwahrscheinlich ist, etwa weil vereinbart wurde, dass der Darlehensvertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Dann hat der Darlehensnehmer das Bearbeitungsentgelt mithilfe sog. aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auf die gesamte Laufzeit des Darlehens zu verteilen und kann es nur in jährlichen Teilbeträgen steuermindernd absetzen.
Unerheblich war hier, dass das FG Bedenken hatte, die Vertragsparteien könnten auf diese Weise durch die Vereinbarung laufzeitabhängiger oder laufzeitunabhängiger Einmalleistungen RAP nach ihren jeweiligen Interessen gestalten. Denn die Vereinbarung der Laufzeitunabhängigkeit eines Einmalentgelts hat in dem Fall, dass eine vorzeitige Vertragsbeendigung mehr ist als eine theoretische Option, durchaus spürbare wirtschaftliche Konsequenzen für den Darlehensnehmer, die einer rein steuerlichen Motivation einer derartigen Vereinbarung entgegenstehen. Außerdem ist aus der Nichtaktivierbarkeit eines RAP auf Seiten des Darlehensnehmers spiegelbildlich zu folgern, dass dann der Darlehensgeber für das empfangene Entgelt auch keinen gewinnmindernden passiven RAP gem. § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG bilden kann. Insofern bestehen regelmäßig auch steuerlich widerstreitende Interessen auf beiden Vertragsseiten.
Infolgedessen reichten die bisherigen tatrichterlichen Feststellungen zur Beurteilung des Streitfalls nicht aus. Insbesondere fehlten Feststellungen dazu, welche Kündigungsmöglichkeiten die Vertragsparteien vereinbart hatten und welche Bedeutung eine etwa vereinbarte Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung aus wichtigem Grund in deren Augen hatte. Allein der Umstand, dass nach dem Vorbringen der Klägerin die streitbefangenen Förderdarlehen im Rahmen einer Umfinanzierung im Jahr 2006 zurückgeführt wurden, ließ insoweit keine Rückschlüsse zu, weil nicht ersichtlich war, auf welcher vertraglichen Grundlage die Rückführung erfolgte.
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