15.09.2011

Zur Einkünfte mindernden Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen des verheirateten Kindes

Bei der Jahresgrenzbetragsberechnung nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG können Unterhaltsleistungen des verheirateten Kindes an dessen Ehegatten nicht, solche an dessen eigenes Kind im Grundsatz allenfalls zur Hälfte Einkünfte mindernd berücksichtigt werden. Nach neuer BFH-Rechtsprechung knüpft die gesetzliche Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 33a Abs. 1 S. 1 EStG an die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs - Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit - an und beachtet auch die Unterhaltskonkurrenzen nach §§ 1606, 1608 BGB.

BFH 4.8.2011, III R 48/08
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bezogen während des Streitjahrs für ihre beiden Kinder Kindergeld i.H.v. jeweils 1.848 €. Der Sohn S. befand sich während dieser Zeit im Studium. Er ist selbst seit Dezember 2002 verheiratet und seinerseits Vater eines Kindes, für das er ebenfalls während des Streitjahrs Kindergeld i.H.v. 1.848 € erhielt. S. erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 12.326 €. Seine Ehefrau hatte keine eigenen Einkünfte. Die Kläger unterstützten S. im Streitjahr mit monatlichen Zahlungen von 650 €.

Die Kläger beantragten in der Einkommensteuererklärung für 2004 u.a. für S. die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und den Ausbildungsfreibetrag gem. § 33a Abs. 2 EStG. Nachdem das Finanzamt erfahren hatte, dass wegen der Einkünfte des S. das Kindergeld zurückgezahlt werden müsse, trug es in der Einkommensteuererklärung unter den außergewöhnlichen Belastungen in der Zeile "Unterhalt für bedürftige Personen" S. ein und ergänzte den Eingabebogen um Angaben zur Prüfung des § 33a Abs. 1 EStG. In dem Einkommensteuerbescheid für 2004 wurden für S. weder die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt noch außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 und 2 EStG zum Abzug zugelassen. Hierzu hieß es, dass "ihre Unterhaltsleistungen wegen der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Personen nicht berücksichtigt" wurden.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es war der Ansicht, dass die Einkünfte des S. um die Unterhaltsleistungen an seine Frau zu mindern seien, und zwar - entgegen des DA-FamEStG. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Den Klägern stehen für S. keine Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG zu.

Eltern eines verheirateten Kindes haben für dieses grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG, weil mit der Eheschließung des Kindes nicht mehr die Eltern vorrangig, sondern der Ehegatte des Kindes zu seinem Unterhalt verpflichtet ist. Nach der jüngsten BFH-Rechtsprechung sind etwaige Unterhaltsleistungen des Kindes an dessen Ehefrau nicht Einkünfte mindernd zu berücksichtigen. Daher ist es auch zweifelhaft, ob Abweichendes für etwaige Unterhaltsleistungen des Kindes an dessen eigenes Kind gelten kann. Sie können im Grundsatz allenfalls in hälftiger Höhe Einkünfte mindernd berücksichtigt werden.

Das FG muss im weiteren Verfahren prüfen, ob die von den Klägern erbrachten Unterhaltsleistungen, soweit sie auf S. entfielen gem. § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Insoweit fehlten Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG, so dass der erkennende Senat nicht über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids entscheiden konnte. Es wird insbesondere die neue BFH-Rechtsprechung zu § 33a Abs. 1 S. 1 EStG zu berücksichtigen haben. Danach knüpft die gesetzliche Unterhaltsberechtigung i.S.d. § 33a Abs. 1 S. 1 EStG an die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs - Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit - an und beachtet auch die Unterhaltskonkurrenzen nach §§ 1606, 1608 BGB.

Das bedeutet, dass die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers nach § 1602 BGB nicht mehr typisierend unterstellt werden darf, sondern konkret zu bestimmen ist. Dies muss unabhängig davon gelten, ob sich der Sachverhalt im In- oder Ausland ereignet.

Linkhinweis:

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