19.01.2023

Zur Einlage i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG

1. Ein Kommanditist kann sein Verlustausgleichsvolumen i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG auch durch die Erbringung einer freiwilligen Einlage erhöhen.
2. Eine derartige freiwillige Einlage ist allerdings nur dann gegeben, wenn sie gesellschaftsrechtlich, insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag, zulässig ist. Dementsprechend führt die Buchung einer freiwillig vom Kommanditisten erbrachten Einlage auf einem variablen Eigenkapitalkonto nur dann zu einer Erhöhung des Verlustausgleichsvolumens, wenn es sich um eine gesellschaftsrechtlich zulässige Einlage in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft handelt.

Kurzbesprechung
BFH v. 10. 11. 2022 - IV R 8/19

EStG § 15a Abs 1 S 1, § 15a Abs 4
AO § 41 Abs 1 S 2, § 179 Abs 1, § 179 Abs 2, § 180 Abs 1 S 1 Nr. 2 Buchst a
BGB § 707


Streitig war, ob ein Kommanditist im Jahr 2008 (Streitjahr) eine Einlage i.S. des § 15a EStG in Höhe von 185.000 € geleistet hat, mit der Folge, dass die ihm für das Streitjahr anteilig zuzurechnenden Verluste der Steuerpflichtigen nicht lediglich verrechenbar, sondern in voller Höhe ausgleichs- und abzugsfähig sind.

Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 der Vorschrift nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Abs. 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Abs. 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), jährlich gesondert festzustellen. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Der Betrag, in Höhe dessen ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, erhöht danach den zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres festzustellenden verrechenbaren Verlust.

Bei nach dem 24.12.2008 geleisteten Einlagen führen nachträgliche Einlagen weder zu einer nachträglichen Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit eines vorhandenen verrechenbaren Verlustes noch zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahres, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht (§ 15a Abs. 1a Satz 1 EStG).

Nachträgliche Einlagen i.S. des Satzes 1 sind Einlagen, die nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres geleistet werden, in dem ein nicht ausgleichs- oder abzugsfähiger Verlust i.S. des Abs 1 entstanden oder ein Gewinn i.S. des Abs. 3 Satz 1 zugerechnet worden ist (§ 15a Abs. 1a Satz 2 EStG).

Das Gesetz definiert den Begriff des Kapitalkontos nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz der Gesellschaft zuzüglich ggf. bestehender Ergänzungsbilanzen des Kommanditisten gemeint, das durch Einlagen in das Gesellschaftsvermögen bzw. durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt wird.

Einlagen können ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten verringern. Sie ermöglichen dann im Jahr der Verlustentstehung den Verlustausgleich nach Maßgabe des § 15a EStG; sie können damit das Verlustausgleichsvolumen des Kommanditisten erhöhen. Einlagen, die geeignet sind, das Verlustausgleichsvolumen des Kommanditisten zu erhöhen, sind sog. Pflichteinlagen, zu deren Erbringung der Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet ist.

Aber auch die Erbringung einer vom Gesellschaftsvertrag zugelassenen, freiwilligen Einlage des Gesellschafters kann zur Erhöhung des Verlustausgleichsvolumens führen. Dementsprechend ist eine Einlage i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nur gegeben, wenn dem Gesellschaftsvermögen etwas für Rechnung des Gesellschafters von außen zugeflossen ist, was den bilanziellen Unternehmenswert mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die Passiva mindert, und so Einfluss auf das Kapitalkonto nimmt und damit dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegt. Diese Grundsätze betreffen nicht nur Einlageverpflichtungen, die auf eine Bareinzahlung in das Gesellschaftsvermögen gerichtet sind und auf die im Wege einer Sacheinlage geleistet werden soll, sondern sie gelten auch für originäre Sacheinlageverpflichtungen.

Einlage i.S. des § 15a EStG kann aber auch eine ‑ über die Pflichteinlage hinaus bzw. neben der Pflichteinlage ‑ geleistete, gesellschaftsvertraglich gestattete freiwillige Einlage eines Kommanditisten in das Gesellschaftsvermögen sein. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass die Zuführung entsprechend werthaltiger Sacheinlagen oder Geldmittel eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens und eine wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten bewirkt. Dies ist indes nur anzunehmen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Leistung einer freiwilligen Einlage des Kommanditisten zulässig ist.

Liegt eine nach dem Gesellschaftsvertrag zulässige freiwillige Einlage vor, stellt der Kommanditist der Gesellschaft mit seiner Leistung haftendes Kapital unmittelbar zur Verfügung, so dass ein Verlustausgleich und -abzug gemäß § 15a EStG gewährt werden kann. Ohne eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Grundlage wäre die Leistung rechtsgrundlos erbracht.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund führt die Buchung einer freiwillig vom Kommanditisten erbrachten Einlage auf dem variablen (Eigen-)Kapitalkonto II nur dann zu einer Einlage i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn es sich um eine gesellschaftsrechtlich, insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag zulässige Einlage in das Gesamthandsvermögen handelt.

Im Streitfall fehlte es an einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage für eine freiwillige Einlage des Kommanditisten, denn eine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit einer (weiteren) freiwilligen Einlage der Kommanditisten enthält der Gesellschaftsvertrag nicht. Eine Gestattung freiwilliger Einlagen der Kommanditisten konnte auch nicht den Regelungen zu den Gesellschafterkonten, die insbesondere in § 4 des Gesellschaftsvertrags enthalten sind, entnommen werden. Entsprechend führte die Buchung eines Betrags von 185.000 € auf einem Kapitalkonto des Kommanditisten nicht zu einer Einlage i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, die zur Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit der im Streitjahr angefallenen Verluste führen konnte.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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