31.08.2020

Zur Einordnung einer Zahlung nach § 32a Abs. 2 UrhG als umsatzsteuerliches Entgelt von dritter Seite

Die Zielsetzung des UrhG, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen in der Verwertungskette angemessen zu beteiligen, wird dadurch realisiert, dass nicht nur die Vergütung für die Nutzungsrechtseinräumung aus Ex-ante-Sicht angemessen sein muss, sondern dass auch die weitere Verwertung durch den Ersterwerber und jeden weiteren Erwerber einer permanenten Verlaufskontrolle unterzogen wird. Die Frage, ob eine Zahlung auf der Grundlage von § 32a Abs. 2 UrhG als Entgelt von dritter Seite anzusehen ist, hat grundsätzliche Bedeutung.

FG Düsseldorf v. 26.5.2020 - 5 K 2892/17 U
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist selbständiger Autor. Im Jahr 1998 hatte er und Herr A einen Filmmanuskriptvertrag mit der N GmbH & Co. KG (N) bezüglich eines Drehbuchs für eine Filmkomödie abgeschlossen. Der Vertrag sah die Zahlung einer Pauschalvergütung zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer von 7% vor. Im Gegenzug räumten die Autoren der N die umfassenden und exklusiven Bearbeitungs-, Verfilmungs- und Auswertungsrechte an dem Drehbuch ein. Die N übertrug die vorgenannten Rechte auf den Sender S. Dieser beauftragte anschließend die N mit der Verfilmung des Drehbuchs. S strahlte den Film in den Folgejahren mehrfach aus.

Im Jahr 2000 schloss der Kläger einen Drehbuchvertrag mit der I GmbH (I) bezüglich eines Drehbuchs für einen TV-Zweiteiler. Die I bezahlte dem Kläger eine Pauschalvergütung zzgl. Umsatzsteuer. Im Gegenzug erstellte der Kläger das Drehbuch und übertrug der I die umfassenden und exklusiven Bearbeitungs-, Verfilmungs- und Nutzungsrechte daran. Die Rechte übertrug die I anschließend in einem Entwicklungsvertrag weiter auf den Sender S2. In dem Entwicklungsvertrag verpflichtete sich S2, an die I ein Entgelt für die Drehbucharbeiten und die Urheberrechte zu bezahlen. S2 ließ das Drehbuch anschließend verfilmen und den Film ausstrahlen.

Im Anschluss an eine Gesetzesänderung im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) schloss die GmbH (P) 2014 mit dem Verband Deutscher Drehbuchautoren e.V. (VDD) gemeinsame Vergütungsregeln für fiktionale Produktionen ab, die auch für Altfälle aus dem Zeitraum vor Abschluss der Regelung gelten sollten. Diese sahen ein Beteiligungs-Modell für Drehbuchautoren vor. Nach Erreichen einer bestimmten Beteiligungsreichweite sowie beim Erreichen weiterer Reichweiten sollten diese jeweils eine Zusatzvergütung erhalten.

Da die Produktionen 1 und 2 die erforderlichen Kriterien der gemeinsamen Vergütungsregeln erfüllten, stellte der Kläger den beauftragenden Sendern weitere Beträge in Rechnung. Die Sender zahlten. Die Zahlung erfolgte unter Hinweis auf eine Entscheidung des FG München vom 30.12.2015 ohne Umsatzsteuer. Der Kläger behandelte die Zahlung in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2014 als nicht umsatzsteuerbaren Vorgang. Das Finanzamt folgte dieser Auffassung nicht, sondern ging davon aus, dass es sich um ein steuerbares und steuerpflichtiges Bruttoentgelt handele.

das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Mit Recht hat das Finanzamt die Zahlungen der Sender der Umsatzsteuer unterworfen und mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei den betreffenden Zahlungen um ein Entgelt von dritter Seite i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG in der im Streitjahr gültigen Fassung.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Zahlungen der Sender - wofür Vieles spricht - unmittelbar auf der Grundlage des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG oder zur Abwendung eines solchen Anspruchs aufgrund eines aus den gemeinsamen Vergütungsregeln ableitbaren Anspruchs erfolgten. Der Unmittelbarkeitszusammenhang resultiert daraus, dass Zahlungen auf der Grundlage des § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG, auch wenn sie von einem Dritten geleistet werden, zivilrechtlich ein zusätzliches Entgelt für die Einräumung der Nutzungsrechte darstellen und damit umsatzsteuerlich für die Leistung des Unternehmers (hier des Klägers) an den Leistungsempfänger (hier N und I) gezahlt werden.

Aus der Gesamtschau des UrhG wird deutlich, dass das Honorar, das der Kläger mit den Produktionsgesellschaften N und I für die Einräumung der jeweils vereinbarten Nutzungsrechte vertraglich vereinbart hatte, in mehrfacher Hinsicht unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Anpassung nach oben stand. Die Zielsetzung des UrhG, den Urheber an sämtlichen Erträgnissen in der Verwertungskette angemessen zu beteiligen, wird dadurch realisiert, dass nicht nur die Vergütung für die Nutzungsrechtseinräumung aus Ex-ante-Sicht angemessen sein muss, sondern dass auch die weitere Verwertung durch den Ersterwerber und jeden weiteren Erwerber einer permanenten Verlaufskontrolle unterzogen wird. Gesetzestechnisch wird die Beteiligung des Urhebers an sämtlichen Erträgnissen dadurch sichergestellt, dass gesetzliche Ansprüche auf Vertragsänderungen bzw. -abschlüsse zur Verfügung gestellt werden, die sich gegen jeden Verwerter in der Verwertungskette richten können.

Letztlich handelt es sich dabei aber sowohl bei den Ansprüchen gegen den Vertragspartner des Urhebers aus § 32 Abs. 1 Satz 3 und § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG als auch bei dem Anspruch gegenüber einem Dritten i.S.v. § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG um Ansprüche auf ein erhöhtes Honorar, das für die nämliche Nutzungsrechtseinräumung durch den Urheber an den Ersterwerber gezahlt wird. Damit wird im Ergebnis die Rechtslage hergestellt, die bestehen würde, wenn keine gestörte Vertragsparität bestünde. Denn dann könnte der Urheber ein vergleichbares nachträgliches Erfolgshonorar bereits mit seinem Vertragspartner vereinbaren, der sich wiederum über entsprechende Klauseln in der Lizenzkette absichern könnte. Für diese Auffassung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

Allerdings wurde die Revision zugelassen. Schließlich hat die Frage, ob eine Zahlung auf der Grundlage von § 32a Abs. 2 UrhG als Entgelt von dritter Seite anzusehen ist, grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
FG Düsseldorf online
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