12.10.2011

Zur Einschränkung des Vorsteuerabzugs bei von Ehegatten errichteten sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten Gebäuden

Stellt eine aus zwei Personen bestehende Miteigentümergemeinschaft ein Gebäude her, das einer der Gemeinschafter teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet, wird dieser Grundstücksteil (Büro) an ihn geliefert und kann daher nicht Gegenstand einer Vermietung durch den anderen Gemeinschafter sein. Die sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung bei gemischt-genutzten Gegenständen ist spätestens im Rahmen der Jahressteuererklärung (spätestens zum 31.5. des Folgejahres) zu dokumentieren.

BFH 7.7.2011, V R 41/09 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Verfahren betrafen denselben Sachverhalt.

+++ V R 41/09 +++
Die Klägerin errichtete zusammen mit ihrem unternehmerisch tätigen Ehemann (Kläger im Verfahren V R 42/09) ein gemischt-genutztes Gebäude auf einem ihr und ihrem Ehemann jeweils zur Hälfte gehörenden Grundstück. Von der Nutzfläche entfielen 41,50 Prozent im Wesentlichen auf ein vom Ehemann unternehmerisch genutztes Büro, den Rest nutzten die Eheleute zu eigenen Wohnzwecken. Ihren hälftigen Miteigentumsanteil vermietete die Klägerin umsatzsteuerpflichtig an ihren Ehemann und machte aus den anteiligen Baukosten den Vorsteuerabzug geltend.

Nachdem das Finanzamt der Steuererklärung zunächst zugestimmt hatte, erhöhte es nach einer Außenprüfung die Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabgaben auf 6.613 €, weil die Herstellungskosten des Wohnteils nicht auf einen Zeitraum von 50 Jahren (2 Prozent p.a.), sondern auf einen Zeitraum von 10 Jahren (10 Prozent p.a.) zu verteilen seien. Auf den Einspruch der Klägerin berechnete das Finanzamt die unentgeltlichen Wertabgaben für Januar bis Juni 2004 auf der Grundlage eines Satzes der Absetzung für Abnutzung (AfA) von 2 Prozent. Für die Zeit ab 1.7.2004 blieb es dagegen bei der Verteilung auf 10 Jahre und einem Pro-rata-Satz von 10 Prozent. Danach verminderte sich die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe auf 3.306 €.

Das FG wies die auf eine weitere Minderung der Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabgaben gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

+++ V R 42/09 +++
Der Kläger aktivierte in seiner Bilanz für das Jahr 2003 den betrieblich genutzten Gebäudeteil nur mit Nettowerten. Die in 2003 in Rechnung gestellten Vorsteuern erklärte er erstmals und vollständig in seiner am 20.12.2004 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2003. Die im Streitjahr entstandenen Vorsteuern machte er ebenfalls nicht im Rahmen der Voranmeldungen, sondern in seiner Jahreserklärung 2004 vom 4.10.2005 geltend. Dabei berechnete er die Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Wertabgaben mit 1.322 €.

Auch in diesem Fall berechnete das Finanzamt die unentgeltlichen Wertabgaben nur für Januar bis Juni 2004 auf der Grundlage eines Satzes der Absetzung für Abnutzung (AfA) von 2 Prozent. Für die Zeit ab 1.7.2004 wählte es dagegen die Verteilung auf 10 Jahre und einen Pro-rata-Satz von 10 Prozent. Die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe lag bei 3.306 €.

Das FG wies die Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabgaben sei gem. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG a.F. bis November 2004, zumindest aber bis September 2004 mit einem Satz der Afa von 2 Prozent zu ermitteln, ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:

+++ V R 41/09 +++
Die Klägerin konnte mit der Vermietung des Miteigentumsanteils an ihren Ehemann nicht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne wirtschaftlich tätig sein.

Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "HE" vom 21.4.2005 (C-25/03) werden bei einer Miteigentümergemeinschaft die auf ein Arbeitszimmer entfallenden Räumlichkeiten an den unternehmerisch tätigen Miteigentümer bis zur Höhe seines Miteigentumsanteils geliefert. Sie können daher insoweit nicht mehr Gegenstand einer Vermietung durch den anderen Gemeinschafter - wie die Klägerin im Streitfall - sein.

+++ V R 42/09 +++
Der Vorsteuerabzug des Klägers scheitert daran, dass er die bei gemischt-genutzten Wirtschaftsgütern erforderliche und sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung nicht "zeitnah" dokumentiert hat.

Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung muss - entgegen der Vorinstanz - zwar nicht bereits mit Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen erfolgen, sondern kann auch noch im Rahmen der Jahressteuererklärung geschehen. Zur Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen sowie aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit hält es der BFH allerdings für erforderlich, dass der Unternehmer seine Zuordnungsentscheidung spätestens bis zum 31.5. des Folgejahres dem Finanzamt gegenüber dokumentiert.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte sind auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung V R 41/09 zu kommen, klicken Sie bitte hier.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung V R 42/09 zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 82 vom 12.10.2011
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