24.03.2015

Zur Erhöhung des Gegenstandswerts eines Kindergeldverfahrens um den Jahreswert nach § 52 Abs. 3 GKG

Das FG Münster hat sich in dieser Entscheidung zum Kostenrecht mit der Erhöhung des Gegenstandswerts eines Kindergeldverfahrens um den Jahreswert nach der ab dem 16.7.2014 gültigen Fassung des § 52 Abs. 3 GKG befasst.

FG Münster 19.2.2014, 4 K 4115/14 Kg (PKH)
Der Sachverhalt:
In der Hauptsache streiten die Antragstellerin und die Familienkasse über die Höhe der für ein Einspruchsverfahren zu erstattenden Kosten. Die Familienkasse lehnte den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Kindergeld für die volljährige Tochter T zunächst ab Juli 2014 ab, weil die Tochter nicht mehr bei der Arbeitsvermittlung als arbeitssuchend geführt werde. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein. Dieser Einspruch hatte in der Sache Erfolg. Mit Bescheid von Oktober 2014 setzte die Familienkasse Kindergeld für T ab Juli 2014 laufend fest. Zugleich lehnte sie die Erstattung der Aufwendungen des Einspruchsverfahrens ab, weil die für die Entscheidung notwendigen Unterlagen erst während des Einspruchsverfahrens eingereicht worden seien.

Gegen die Kostenentscheidung legte die Antragstellerin Einspruch ein, weil der Familienkasse alle notwendigen Unterlagen bereits mit dem Kindergeldantrag übermittelt worden seien. Auch diesem Einspruch half die Familienkasse ab und erließ eine positive Kostengrundentscheidung. Die Antragstellerin beantragte daraufhin die Erstattung von Kosten i.H.v. rd. 335 €, die sie nach einem Gegenstandswert von rd. 2.950 € berechnete. Die Familienkasse setzte die zu erstattenden Kosten demgegenüber lediglich auf rd. 148 € fest. Dabei ging sie von einem Gegenstandswert i.H.v. 1.000 € aus. Da der Abhilfebescheid eine Regelung über Kindergeld für vier Monate á 184 € treffe, betrage der Gegenstandswert lediglich 736 €. Da der Mindeststreitwert von 1.000 € unterschritten werde, komme dieser zum Tragen.

Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, den sie damit begründete, dass dem Gegenstandswert für vier Monate noch ein Jahresbetrag nach § 52 Abs. 3 GKG hinzuzurechnen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kindergeldantrag offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen gehabt habe. Überdies wies die Antragstellerin darauf hin, dass der Mindeststreitwert nicht 1.000 €, sondern 1.500 € betrage. Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück. Nach der ab dem 1.8.2013 geltenden Neuregelung des GKG sei der Jahresbetrag des Kindergeldes nicht mehr hinzuzurechnen. Der Mindestwert von 1.500 € gelte nach der ausdrücklichen Regelung in § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG für Verfahren in Kindergeldangelegenheiten nicht. Hiergegen erhob die Antragstellerin Klage, für die sie Prozesskostenhilfe beantragt hat.

Das FG gab dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe statt.

Die Gründe:
Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Erstattung von Kosten in der beantragten Höhe von 335 €.

Der maßgebliche Gegenstandswert dürfte entgegen der Auffassung der Familienkasse 2.950 € betragen. Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG sind für die Bestimmung des Gegenstandswerts in gerichtlichen Verfahren die Vorschriften des GKG maßgeblich. Diese Wertvorschriften gelten gem. § 23 Abs. 1 S. 3 RVG entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Hiervon dürfte bei einem außergerichtlichen Vorverfahren in Kindergeldangelegenheiten auszugehen sein. Für finanzgerichtliche Verfahren bemisst sich der Streitwert nach § 52 GKG. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist gem. § 52 Abs. 3 S. 1 GKG deren Höhe maßgebend.

Hat der Antrag offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf (§ 52 Abs. 3 S. 2 GKG). Durch Art. 7 Nr. 7 Buchst. a des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EG) Nummer 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 8.7.2014 (Änderungsgesetz) wurde § 52 Abs. 3 GKG ein S. 3 angefügt, der folgenden Wortlaut hat: "In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag."

Diese Vorschrift gilt seit dem 16.7.2014, da das Änderungsgesetz am 15.7.2014 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (Art. 15 Abs. 2 des Änderungsgesetzes), und ist damit auf den Streitfall anwendbar. Der Verweis auf § 42 Abs. 1 S. 1 GKG führt dazu, dass bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen der einfache Jahresbetrag maßgebend ist. Da im Streitfall nicht nur über den Kindergeldanspruch für die Monate Juli bis Oktober 2014 entschieden wurde, sondern darüber hinaus auch eine laufende Kindergeldfestsetzung beantragt war und erfolgt ist, ist dem Wert nach § 52 Abs. 3 S. 1 GKG (4 Monate * 184 € = 736 €) der einfache Jahresbetrag (12 * 184 € = 2.208 €) nach § 52 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 42 Abs. 1 S. 1 GKG hinzuzurechnen. Bei einem Geschäftswert von 2.944 € beträgt die einfache Gebühr nach § 13 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Anlage 2 RVG 201 € und die 1,3-fache Gebühr damit rd. 260 €. Zzgl. der Pauschale für Post und Telekommunikation gem. Nr. 7002 VV RVG (20 €) und der Umsatzsteuer i.H.v. 19 Prozent (Nr. 7008 VV RVG) betragen die zu erstattenden Kosten 335 €.

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