05.05.2015

Zur Frage der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter nach Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Das FG hat sich mit der Frage befasst, ob selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (hier: Firmenwert und Auftragsbestand) nach Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft aktiviert werden dürfen. Die Nichtanerkennung der Zuschreibungen in der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft steht einem Ausweis der Wirtschaftsgüter in der Eröffnungsbilanz der Klägerin nicht entgegen.

FG Münster 17.11.2014, 5 K 2396/13 G,F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die im Wege einer formwechselnden Umwandlung der Z-GmbH nach den Vorschriften der §§ 190 ff. UmwG zum 1.7.2004 entstanden ist. Die Z-GmbH aktivierte in ihrer Schlussbilanz auf den 30.6.2004 erstmals einen selbstgeschaffenen Firmenwert i.H.v. 600.000 € sowie einen Auftragsbestand i.H.v. 100.000 €. Trotz der gewinnerhöhenden Zuschreibungen auf Firmenwert und Auftragsbestand ergab sich für die Z-GmbH aufgrund des vorhandenen Verlustvortrags eine festzusetzende Körperschaftsteuer von 0 €. Im Rahmen einer nachfolgenden Betriebsprüfung betrachtete der Prüfer diese Zuschreibungen als unzulässig. Er war der Auffassung, dass der selbstgeschaffene Firmenwert und der Auftragsbestand gem. § 5 Abs. 2 EStG nicht aktivierungsfähig seien. Nachfolgend zur Betriebsprüfung wurde ein entsprechend geänderter Körperschaftsteuerbescheid für 2004 gegenüber der Z-GmbH erlassen, mit dem unverändert eine Körperschaftsteuer von 0 € festgesetzt wurde.

Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG Münster statt (Urteil vom 6.10.2011, 9 K 1308/10). Die Revision des Finanzamts hatte indes Erfolg und führte zur Klageabweisung durch den BFH. Nach Auffassung des BFH war die Klage der Z-GmbH unzulässig. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, da die Z-GmbH durch die Streichung der Zuschreibungen auf den selbstgeschaffenen Firmenwert und den Auftragsbestand steuerlich nicht beschwert sei.

In der Eröffnungsbilanz der Klägerin auf den 1.7.2004 waren der selbstgeschaffene Firmenwert und der Auftragsbestand korrespondierend zu der Schlussbilanz der Z-GmbH ausgewiesen. Im Rumpfgeschäftsjahr 2004 nahm die Klägerin eine Abschreibung auf den Firmenwert i.H.v. 20.010 € und in den Geschäftsjahren 2005 und 2006 i.H.v. jeweils 40.020 € vor. Den mit 100.000 € aktivierten Auftragsbestand löste die Klägerin noch im Rumpfgeschäftsjahr 2004 gewinnmindernd auf.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass der selbstgeschaffene Firmenwert und der Auftragsbestand in der Schlussbilanz der Z-GmbH und der Eröffnungsbilanz der Klägerin zu streichen seien. Dementsprechend seien die Abschreibungen auf den Firmenwert und die Auflösung des Auftragsbestandes rückgängig zu machen und der Gewinn der Klägerin entsprechend zu erhöhen. Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ geänderte Feststellungs- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide. Die Klägerin ist demgegenüber der Auffassung, dass sie den Firmenwert i.H.v. 600.000 € und den Auftragsbestand i.H.v. 100.000 € in ihrer Eröffnungsbilanz zu Recht aktiviert habe.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat bei Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. des Gewerbeertrages zu Unrecht die gewinnmindernde Auflösung der Bilanzposition "Auftragsbestand" im Jahr 2004 und die Abschreibungen auf den Firmenwert in den Jahren 2004 bis 2006 nicht anerkannt. In der Eröffnungsbilanz der Klägerin auf den 1.7.2014 waren der Firmenwert i.H.v. 600.000 € und der Auftragsbestand i.H.v. 100.000 € zu aktivieren.

Gem. § 14 S. 1 i.V.m. 4 Abs. 1 UmwStG 1995 hat im Falle des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft letztere die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen. In der steuerlichen Schlussbilanz der Z-GmbH waren der Firmenwert mit einem Wert von 600.000 € und der Auftragsbestand mit einem Wert von 100.000 € aktiviert. Diese Werte waren durch die Klägerin in ihrer Eröffnungsbilanz somit zu übernehmen. Dem steht nicht entgegen, dass gegenüber der Z-GmbH Steuerbescheide für 2004 ergangen sind, in welchem das Finanzamt die Zuschreibungen auf den Firmenwert und den Auftragsbestand nicht anerkannt hat. Denn diese gegenüber der Z-GmbH ergangenen Steuerbescheide sind keine Grundlagenbescheide für die Steuerfestsetzungen gegenüber der Klägerin. Die Bindung der übernehmenden Gesellschaft an die Werte der Schlussbilanz ist gemäß der Rechtsprechung des BFH "nur" eine materiell-rechtliche.

Die Steuerfestsetzung bei der übernehmenden Gesellschaft erfolgt auf der Grundlage des tatsächlich erfolgten Ansatzes in der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft. Eine etwaige Änderung in der Schlussbilanz wirkt nur über § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Der übernehmende Rechtsträger ist an den Ansatz der übertragenden Körperschaft gebunden. Wenn der Bilanzansatz bei der übertragenden Körperschaft unzutreffend war, kann allerdings in der Eröffnungsbilanz der übernehmenden Personengesellschaft diese den Bilanzierungsfehler, der sich bei ihr bislang nicht ausgewirkt hat, berichtigen. Im Ergebnis ist daher der Auffassung der Klägerin zu folgen, dass die Nichtanerkennung der Zuschreibungen in der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft einem Ausweis der Wirtschaftsgüter in der Eröffnungsbilanz der Klägerin nicht entgegensteht. Die materiell-rechtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Zuschreibungen erfolgt bei der Klägerin, denn nur diese ist durch eine Versagung der Bilanzierung der Wirtschaftsgüter beschwert.

Der Bilanzansatz in der Eröffnungsbilanz der Klägerin auf den 1.7.2004 ist auch materiell-rechtlich zutreffend. Die Z-GmbH durfte in ihrer Schlussbilanz auf den 30.6.2004 Zuschreibungen auf den Firmenwert und den Auftragsbestand vornehmen. Dass es sich hierbei um selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter handelt, steht der Zuschreibung nicht entgegen. Das Verbot der Aktivierung selbstgeschaffener Wirtschaftsgüter gem. § 5 Abs. 2 EStG findet im Rahmen des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft keine Anwendung. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist nicht ersichtlich, weshalb der Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft in Bezug auf die Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter anders behandelt werden sollte als der Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft.

Die Bilanzpositionen "Auftragsbestand" und "Firmenwert" sind auch der Höhe nach zutreffend gebildet worden. Dies ist durch den Beklagten unstreitig gestellt worden. Die Bilanzposition "Auftragsbestand" durfte durch die Klägerin im Jahr 2004 gewinnmindernd aufgelöst werden. Denn der im Rahmen des Formwechsels übergegangene Auftragsbestand ist - was ebenfalls unstreitig ist - noch im Jahr 2004 verbraucht worden. Die Abschreibung des Firmenwerts ist durch die Klägerin zutreffend gem. § 7 Abs. 1 S. 3 EStG vorgenommen worden.

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