Zur Frage der Berücksichtigung eines Mitarbeiter-Rabatts auf Waren eines Lieferanten des Arbeitgebers im Rahmen der Lohnsteuer
BFH 18.10.2012, VI R 64/11Die Klägerin war in den Jahren 2004 bis 2006 Trägerin eines Krankenhauses und beschäftigte dort 750 Mitarbeiter. Sie bezog in diesem Zeitraum aufgrund eines seit dem Jahr 1998 bestehenden Versorgungsvertrags Apothekenartikel aller Art von der Firma X. Diese lieferte zudem im Rahmen eines sog. "Mitarbeiter-Vorteilsprogramms" an die Mitarbeiter der Klägerin ebenfalls Apothekenartikel aller Art, wobei die Mitarbeiter einen Nachlass auf den üblichen Apothekenendpreis erhielten.
Das Mitarbeiter-Vorteilsprogramm war von X initiiert und den Mitarbeitern bekannt gemacht worden. Die Klägerin duldete diese Bekanntmachung in ihrem Betrieb. Die Artikel bestellten die Mitarbeiter von ihrem Arbeitsplatz aus direkt bei X, wobei sie die Station, Name und Krankenhaus, ggf. die Kundennummer angaben. X lieferte dann die bestellten Artikel den Mitarbeitern direkt an deren Arbeitsplatz im Betrieb der Klägerin, was die Klägerin ebenfalls duldete. Die Mitarbeiter bezahlten die von ihnen bestellten Artikel mittels Einzugsermächtigung direkt an X.
Die Klägerin gab regelmäßig Lohnsteuer-Voranmeldungen ab. Die Belieferung ihrer Mitarbeiter durch X sah sie dabei als lohnsteuerlich unerheblichen Vorgang an. Das Finanzamt gelangte im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung zu der Auffassung, die von X den Mitarbeitern eingeräumten Rabatte seien als Arbeitslohn von dritter Seite anzusehen und entsprechend lohnzuversteuern. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Das FG gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin wegen der Vorteile ihrer Arbeitnehmer aus dem verbilligten Bezug von Apothekenartikeln der X nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war.
Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 S. 1 u. 3, Abs. 3 S. 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch andere Bezüge und Vorteile als Löhne und Gehälter, die "für" eine Beschäftigung gewährt werden. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung werden Bezüge oder Vorteile für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst worden sind.
Arbeitslohn kann (ausnahmsweise) auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Arbeitslohn liegt allerdings dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird.
Die Würdigung des FG, wonach hinter dem Mitarbeiter-Vorteilsprogramm vor allem das Interesse von X steht, Kunden zu gewinnen, bzw. zu binden, und zusätzlichen Gewinn zu erwirtschaften, ist nicht zu beanstanden. Ein Preisnachlass stellt sich erst dann als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber dar, wenn sich die Zuwendung als durch den Dritten vermittelter Arbeitslohn des Arbeitgebers darstellt, der Arbeitgeber z.B. einen ihm zustehenden Vorteil etwa im abgekürzten Zahlungswege als Arbeitsentgelt an seine Mitarbeiter weitergibt. Hiervon war vorliegend jedoch nicht auszugehen.
Auch ein vermeintliches Mitwirken der Klägerin am Verschaffen der von X gewährten Rabatte - etwa durch die Einwilligung in das Programm oder ausgehängte Mitarbeiterinformationen dazu am "Schwarzen Brett" - führt im Streitfall nicht zur Einordnung als Arbeitslohn Dritter. Denn Arbeitslohn liegt nicht allein deshalb vor, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt hat. Dies gilt erst recht, wenn er - wie dir Klägerin im Streitfall - von der Rabattgewährung nur Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. Die insoweit gegenteilige Auffassung der Finanzbehörden teilt der Senat nicht.
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