24.10.2011

Zur Frage der Einbeziehung von Finanzierungskosten für Räumlichkeiten einer Bank in eine Rückstellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b) EStG

Nach einem Durchschnittswert berechnete Finanzierungskosten für eigene Räumlichkeiten einer Bank können in eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b) EStG einbezogen werden, wenn die entsprechende Verbindlichkeit bzw. das Darlehen, welches die Finanzierungsaufwendungen auslöst, tatsächlich zur Erbringung der Sachleistungsverpflichtung verwendet wurde bzw. zumindest voraussichtlich verwendet werden wird. Somit ist ein "tatsächlicher Verwendungszusammenhang" erforderlich.

FG Münster 15.6.2011, 9 K 501/08 K
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Sparkasse. Sie unterliegt mit ihrem gesamten Geschäftsbetrieb als Betrieb gewerblicher Art i.S.v. § 4 KStG der Körperschaftsteuer. In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2005 setzte die Klägerin eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen. Darin waren auch Finanzierungskosten enthalten. Der Betrag ergebe sich auf der Basis der durchschnittlichen Passivverzinsung der Sparkasse und der Restbuchwerte für die jeweiligen Grundstücke und Gebäude (sog. Poolfinanzierung).

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die von der Klägerin in die Berechnung der Rückstellung einbezogenen Finanzierungskosten nicht berücksichtigt werden könnten. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG seien Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten. Bei den Finanzierungskosten handele es sich vorliegend jedoch nicht um notwendige, sondern um gewillkürte Gemeinkosten.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen. Das Az. des dort anhängigen Verfahrens lautet I R 66/11.

Die Gründe:
Das FG hatte die von der Klägerin gebildete Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen zu Recht insoweit nicht anerkannt, als diese sich auf die hier in Rede stehenden voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen bezog.

Rückstellungen sind nach dem im Streitfall noch anwendbaren § 253 Abs. 1 S. 2 1. Hs. 3. Fall HGB a.F. (nunmehr § 253 Abs. 1 S. 1 2. Fall HGB i.d.F. des BilMoG, der nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auch für die steuerrechtliche Gewinnermittlung maßgeblich ist, grundsätzlich mit dem Betrag zu bewerten, der nach vernünftiger kaufmännischer Auffassung voraussichtlich zur Erfüllung der ungewissen Verbindlichkeit notwendig ist. Unerheblich war hier, ob dieser Betrag für die in Rede stehende Sachleistungsverpflichtung in Form der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen die für die Aufbewahrung erforderlichen Vollkosten umfasste. Denn nach den hier anwendbaren § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG sind Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten.

Im vorliegenden Fall waren die von der Klägerin angesetzten voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen allerdings weder als Einzel- noch als Gemeinkosten in die Rückstellung einzubeziehen. Hierzu hätten sie durch die zu erbringende Sachleistungsverpflichtung (hier: die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen) veranlasst sein müsse bzw. sein werden. Eine solche Veranlassung ist nur dann anzunehmen ist, wenn die entsprechende Verbindlichkeit bzw. das Darlehen, welches die Finanzierungsaufwendungen auslöst bzw. voraussichtlich auslösen wird, tatsächlich zur Erbringung der Sachleistungsverpflichtung verwendet wurde bzw. zumindest voraussichtlich verwendet werden wird. Somit ist ein "tatsächlicher Verwendungszusammenhang" erforderlich, wie er auch sonst für die Einordnung von Finanzierungsaufwendungen bzw. Schuldzinsen als Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG verlangt wird.

Ein solcher tatsächlicher Verwendungszusammenhang lag hier allerdings nicht vor. Die von der Klägerin geltend gemachten voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen beruhen lediglich auf der von ihr berechneten durchschnittlichen Passivverzinsung, die sie auf die (anteiligen) Restbuchwerte der entsprechenden Grundstücke und Gebäude angewendet hatte. Da nach Angaben der Klägerin sämtliche Auszahlungen und insbesondere auch die Mittel für die Anschaffung oder Herstellung der Betriebsgebäude aus einem "Pool" geleistet würden, fehlte jede Möglichkeit, die konkrete Verwendung der aufgenommenen Fremdmittel nach zu verfolgen. Infolgedessen kam eine Einbeziehung von voraussichtlichen Finanzierungsaufwendungen in eine Rückstellung für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen weder als Einzel- noch als Gemeinkosten in Betracht.

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