22.11.2013

Zur Frage der Einordnung eines vollautomatisch betriebenen Hochregallagers als Gebäude oder als Betriebsvorrichtung

Ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, kann keine Betriebsvorrichtung sein. Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es nicht nur fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist, sondern es muss auch Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren und den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten.

FG Düsseldorf 19.9.2013, 11 K 211/12 BG
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein vollautomatisch betriebenes Hochregallager, das während des laufenden Betriebs von Menschen nicht betreten werden kann und aufgrund der automatisiert ablaufenden Ein- und Auslagerungsvorgänge auch nicht betreten werden darf. Das betriebliche Transport- und Lagersystem schaltet sich ab, sobald von der Vorzone, dem einzig möglichen Zugang, die Türe zum Hochregallagerraum geöffnet wird. Hinsichtlich der Größenverhältnisse liegt die Vorzone deutlich unter 10 % der Gesamtfläche. Im Bereich des Regallagers selbst befinden sich außer den dem automatisierten Warentransport dienenden Lagergassen keinerlei Wartungs- und Beobachtungsgänge, auf denen sich Menschen ungestört durch das interne Transportsystem aufhalten können.

Die Steuerbehörde bewertete das Hochregallager einschließlich der Vorzone als Gebäude und berücksichtigte es bei der Berechnung des Einheitswertes hinsichtlich des Betriebsgrundstückes. Sie war der Ansicht, bei dem Bauwerk handele es sich um ein Gebäude, in dem eine (übergroße) Betriebsvorrichtung untergebracht sei. Hiergegen wandte sich die Klägerin.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der angefochtene Einheitswertbescheid war rechtswidrig.

Das Betriebsgrundstück der Klägerin war gem. § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BewG wie Grundvermögen zu bewerten. Nach § 68 Abs. 1 BewG gehören zum Grundvermögen außer dem Grund und Boden auch die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind jedoch nach § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.

Für die Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen ist vom Gebäudebegriff auszugehen. Ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, kann nicht Betriebsvorrichtung sein. Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es nicht nur fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest ist, sondern es muss auch Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren und den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze stellte das Hochregallager nebst Vorzone kein Gebäude sondern eine Betriebsvorrichtung dar.

Anders als im eigentlichen Regallagerbereich ist zwar in der Vorzone wegen der neben dem Transportsystem verbliebenen Raumflächen der nicht nur vorübergehende Aufenthalt von Menschen möglich. Hier griff jedoch die BFH-Rechtsprechung ein, wonach es nötig ist, dass der Teil des Bauwerks, der zum Aufenthalt von Menschen geeignet ist, nicht nach Größenverhältnis und Nutzungsintensität von untergeordneter Bedeutung ist. In Bezug auf Größenverhältnisse ist die von der Rechtsprechung praktizierte 10 % Grenze als im Steuerrecht vertretene Erheblichkeitsschwelle zu berücksichtigen. Infolgedessen war die Vorzone (einschließlich ihrer Zwischenebene) als Räumlichkeit von untergeordneter Bedeutung anzusehen. Der Gebäudebegriff war auch nicht über die Verkehrsauffassung zu korrigieren. Das hat die BFH-Rechtsprechung bisher stets abgelehnt.

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