Zur Frage der Liebhaberei einer selbständigen in Teilzeit tätigen Rechtsanwältin
FG Münster 14.12.2011, 7 K 3913/09 E u.a.Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Während der Kläger in den Streitjahren 2000 bis 2009 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, war die Klägerin Januar 1999 als selbständige Rechtsanwältin mit einer Kanzlei in ihrem Wohnhaus tätig. Dabei erwirtschaftete sie in den Streitjahren ausnahmslos Verluste.
Das Finanzamt erkannte daraufhin die die von der Klägerin geltend gemachten Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an. Es war der Ansicht, der Klägerin habe bei ihrer freiberuflichen Tätigkeit die Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Das Ganze liefe vielmehr auf eine sog. Liebhaberei hinaus.
Die Kläger hielten dagegen, dass die Klägerin nur in Teilzeit tätig sei. Die Honorare flössen ihr meist erst mit deutlicher Zeitverzögerung zu und müssten teilweise sogar beigetrieben werden. Die nebenberufliche Tätigkeit sei auch nicht so zu verstehen, dass die Klägerin jede Woche 10 bis 12 Stunden gearbeitet habe. Tatsächlich arbeite sie mandatsbezogen tage- oder wochenweise in Vollzeit, danach wochenweise überhaupt nicht. Ihre Tätigkeit als Anwältin sei notwendig gewesen, um eine dauerhafte Existenzgrundlage für die Familie sicherzustellen, da der Arbeitsplatz des Klägers nicht stets sicher gewesen sei.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die von den Klägern geltend gemachten negativen Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit waren in den Streitjahren nicht als Einkünfte gem. § 18 EStG anzuerkennen, da der Klägerin das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht gefehlt hatte.
Der Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht kann, da es sich um eine innere Tatsache handelt, nur anhand äußerer Merkmale geführt kann. Aus objektiven Umständen (sog. Beweisanzeichen) muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können.
Zum einen erscheint es als persönliches Motiv für die Führung eines Verlustbetriebes - gerade auch im Fall einer Rechtsanwaltskanzlei -, wenn dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, mit denen er seine freiberuflichen Verluste verrechnet. Dieses Indiz ist insbesondere dann von Relevanz, wenn es sich - wie im Streitfall - um eine nebenberufliche selbständige Tätigkeit handelt und wenn durch die nebenberufliche Tätigkeit Steuern gespart werden. Zum anderen spricht als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn es der Steuerpflichtige trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs zu ergreifen.
Somit hatte die Klägerin ihre Anwaltskanzlei aus persönlichen Beweggründen geführt, so dass der bei einer Anwaltskanzlei zunächst für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechende Anscheinsbeweis im Streitfall entfiel. Als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht sprach, dass die Klägerin aus den von ihr erklärten Verlusten steuerliche Vorteile ziehen würde, da ihre Verluste mit den positiven Einkünften des Klägers im Wege der Zusammenveranlagung zu verrechnen wären. Dies war besonders vor dem Hintergrund relevant, dass die Klägerin ihre anwaltliche Tätigkeit nur im Nebenberuf ausübte.
Außerdem unterließ es die Klägerin trotz ständiger Verluste Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität ihrer Kanzlei zu ergreifen. Die Verlustsituation blieb über zehn Jahre ununterbrochen. Die Klägerin ergriff weder Maßnahmen, um ihre Einnahmen zu erhöhen - etwa durch das Einfordern von Kostenvorschüssen - noch reduzierte sie ihre Betriebsausgaben.
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