10.02.2014

Zur Frage einer Anteilsvereinigung bei wechselseitiger Beteiligung auf der Ebene einer Zwischengesellschaft

Bei der im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorzunehmenden Prüfung, ob bei einer zwischengeschalteten Gesellschaft die erforderliche Beteiligungsquote von 95 Prozent erreicht ist, bleiben Anteile, die eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Gesellschaft an dieser hält, unberücksichtigt. Gleiches gilt für Anteile, die die Gesellschaft selbst hält.

BFH 18.9.2013, II R 21/12
Der Sachverhalt:
Mit notariell beurkundetem Vertrag von September 2004 erwarben der Kläger, ein e.V., 7,4 Prozent und die F-GmbH 67,4 Prozent am Stammkapital der grundbesitzenden S-GmbH von den bisherigen Gesellschaftern. Die restlichen Anteile von 25,2 Prozent hielt die S-GmbH selbst. Gesellschafter der F-GmbH waren der Kläger zu 90 Prozent und die K-GmbH zu 10 Prozent. Alleingesellschafterin der K-GmbH war die F-GmbH.

Das Finanzamt war der Ansicht, aufgrund des Vertrags von September 2004 liege ein Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vor. Demgemäß setzt es gegen den Kläger auf der Grundlage der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte Grunderwerbsteuer fest.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision der Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht angenommen, der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sei nicht erfüllt.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 Prozent der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Ein mittelbarer Anteilserwerb, der zu einer Anteilsvereinigung beitragen oder führen kann, setzt bei Zwischenschaltung einer oder mehrerer Gesellschaften voraus, dass der Anteilserwerber sowohl bei der (oder den) zwischengeschalteten Gesellschaft(en) als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft selbst in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen durchzusetzen.

Dies ist etwa bei Vorhandensein einer einzigen Zwischengesellschaft der Fall, wenn der Anteilserwerber mindestens 95 Prozent der Anteile an der Zwischengesellschaft hält und diese ihrerseits zu mindestens 95 Prozent an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist. Ist eine weitere Zwischengesellschaft vorhanden, genügt es, wenn der Anteilserwerber mindestens 95 Prozent der Anteile an der ersten Zwischengesellschaft hält, diese zu mindestens 95 Prozent an der zweiten Zwischengesellschaft und diese wiederum zu mindestens 95 Prozent an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist. Entsprechendes gilt bei weiteren Zwischengesellschaften. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die Beteiligung der Gesellschaft, die Gesellschafterin der grundbesitzenden Gesellschaft ist, für Zwecke des § 1 Abs. 3 Nr. 1 (und Nr. 2) GrEStG dem Anteilserwerber als mittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft zugerechnet.

Bei der Prüfung, ob die Quote von 95 Prozent durch eine unmittelbare oder mittelbare Anteilsvereinigung erreicht ist, bleiben eigene Gesellschaftsanteile, die eine Kapitalgesellschaft als Zwischengesellschaft oder grundbesitzende Gesellschaft selbst hält, außer Betracht. Der Erwerber, der mindestens 95 Prozent der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile an dieser erwirbt, beherrscht das Vermögen der Gesellschaft in gleicher Weise, wie wenn der Gesellschaft selbst keine Anteile zustünden. Gleiches muss auch für Anteile gelten, die eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Zwischengesellschaft an dieser hält.

Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG würde verfehlt, wenn man die Beteiligung der Tochtergesellschaft an der Zwischengesellschaft bei der Prüfung, ob die Quote von 95 Prozent auf jeder Beteiligungsebene erreicht ist, wie den Anteil eines von der Zwischengesellschaft unabhängigen Gesellschafters behandeln würde. Wie bereits ausgeführt, ist bei einer Beteiligung von mindestens 95 Prozent davon auszugehen, dass der in dieser Höhe unmittelbar und/oder mittelbar beteiligte Gesellschafter die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der Beteiligungsgesellschaft durchzusetzen. Dabei ist es unerheblich, dass eine Beteiligungsgesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen eine juristische Person mit eigenen Organen ist. Bei Bestehen einer wechselseitigen Beteiligung zwischen einer Zwischengesellschaft und ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft ist diese Beurteilung ebenfalls maßgeblich.

Vorliegend war der Kläger nach Erfüllung des Vertrags teils unmittelbar, teils mittelbar über die F-GmbH zu 100 Prozent an der S-GmbH beteiligt. Dem stehen weder die von der S-GmbH selbst gehaltenen eigenen Anteile noch der Umstand entgegen, dass der Kläger an der F-GmbH nur zu 90 Prozent beteiligt war; denn die restliche Beteiligung an der F-GmbH wurde von der K-GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der F-GmbH, gehalten und bleibt somit bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt sind, unberücksichtigt.

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