05.03.2012

Zur Geltendmachung von Steuernachbelastungen und in Zukunft entgehenden Steuervorteilen bei Rückabwicklung eines Immobilienerwerbs

Werden bei der Rückabwicklung eines Immobilienerwerbs im Wege des großen Schadensersatzes die Anschaffungskosten dadurch zurückgewährt, dass der Erwerber von seiner Darlehensverbindlichkeit gegenüber der finanzierenden Bank befreit wird, und haben sich die Anschaffungskosten als AfA steuerrechtlich ausgewirkt, fließen dem Erwerber als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zu, die als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern sind. Diese Steuerverbindlichkeit ist bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigen, soweit der Erwerber sich die erzielten Steuervorteile anrechnen lässt.

BGH 26.1.2012, VII ZR 154/10
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Berechnung des großen Schadensersatzes nach der Rückabwicklung eines Immobilienerwerbs. Im November 1999 schlossen die Kläger mit den zu einer GbR zusammengeschlossenen Beklagten einen notariellen Vertrag über den Erwerb einer Wohnungseinheit in einem von den Beklagten zu sanierenden denkmalgeschützten Gebäude. Der Erwerbspreis betrug 880.000 DM. Zur Finanzierung nahmen die Kläger unter Berücksichtigung eines Disagios von 10 Prozent ein Bankdarlehen i.H.v. 977.778 DM auf. Sie vermieteten die Räume als Büro. Steuerlich konnten sie als Werbungskosten u.a. die Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 EStG und die erhöhte Absetzung bei Baudenkmalen nach § 7i EStG geltend machen.

Wegen Mängeln verlangten die Kläger in der Folgezeit von den Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Beklagten wurden durch rechtskräftiges Urteil im November 2006 verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnungseigentums an die Kläger 650 € Sachverständigenkosten zu zahlen und sie von den Ansprüchen der Bank aus dem Darlehensvertrag freizustellen; ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten den Schaden zu ersetzen haben, der den Klägern aus der Rückabwicklung des Vertrages entsteht. Diesen machen die Kläger nunmehr geltend, wobei sie u.a. Ersatz für Steuernachbelastungen im Jahr 2007 und in der Zukunft entgehende Steuervorteile begehren. Sie beantragten zunächst, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 488.530 € zu verurteilen.

Das LG gab der Klage lediglich teilweise statt und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 76.041 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Kläger auf Rückerstattung der Grunderwerbssteuer. Hiergegen legten die Kläger Berufung ein und beziffert nunmehr ihren Schaden mit 349.785 €. In diesem Betrag enthalten sind Steuernachbelastungen im Jahre 2007 i.H.v. 174.806 € und in der Zukunft entgehende Steuervorteile i.H.v. 51.675 €. Anrechnen lassen sich die Kläger u.a. die bis einschließlich 2006 erzielten Steuervorteile i.H.v. 194.374 € und ihre Mieteinnahmen. Sie beantragten, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 349.785 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Das OLG verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 109.817 € nebst Zinsen, und wies die Berufung der Kläger u.a. wegen des Betrages von 51.675 € zurück. Es erkannte bei den Steuernachbelastungen einen Betrag von 122.233 € zugunsten der Kläger an und erkannte ihnen einen Betrag von 52.573 € ab. Wegen dieser beiden Positionen legten beiden Parteien Revision ein. Soweit den Klägern der Betrag von 51.675 € aberkannt worden ist, legten sie Nichtzulassungsbeschwerde ein, die der BGH bereits zurückgewiesen hat. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil auf, soweit die Klage in Höhe eines Betrages von 52.573 € abgewiesen worden ist, und gab der Klage i.H.v. 162.390 € statt.

Die Gründe:
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das OLG hat im Ergebnis zu Recht den Betrag von 122.233 € zugunsten der Kläger als Schadensposition berücksichtigt.

Den Klägern ist im Jahre 2007 ein Vermögensnachteil in dieser Höhe entstanden. Sie haben in den Jahren 2000 bis 2006 dadurch Steuervorteile erzielt, dass sie gegenüber den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung die AfA nach § 7 EStG und die erhöhte AfA nach § 7i EStG als Werbungskosten geltend gemacht haben, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG. Dies führte im Jahre 2007, dem Jahr der Rückabwicklung des Immobilienerwerbs, zu von den Klägern zu versteuernden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Denn steuerrechtlich sind Einnahmen einer Einkunftsart auch die Rückflüsse von Aufwendungen, die zuvor bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Einkunftsart als Werbungskosten abgezogen worden sind.

Solche Rückflüsse liegen vor, wenn ein Vertrag über den Erwerb einer Immobilie im Wege des großen Schadensersatzes abgewickelt wird und daraufhin Anschaffungskosten zurückgezahlt werden. Soweit sich diese Anschaffungskosten als AfA steuerrechtlich ausgewirkt haben, werden als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zurückgezahlt, die der Erwerber bei Zufluss als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Besteuerung zu unterwerfen hat, § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Den Klägern sind die AfA in diesem Sinne im Jahre 2007 zugeflossen. Die Beklagten haben aufgrund des rechtskräftigen Urteils im Vorprozess die Kläger von deren Verbindlichkeit gegenüber der Bank befreit. Die Kläger können diesen Betrag im Rahmen des ihnen gem. § 635 BGB zustehenden Schadensersatzes geltend machen.

Die Revision der Kläger ist begründet; das OLG hat ihnen zu Unrecht den Betrag von 52.573 € nicht zugesprochen. Die Kläger haben in den Jahren 2000 bis 2006 Steuervorteile auch dadurch erzielt, dass sie neben der AfA sonstige Werbungskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 EStG geltend gemacht haben. Diese sind ihnen im Jahr 2007 ebenfalls dadurch zurückgeflossen, dass die Beklagten sie gegenüber der Bank von ihrer Darlehensverbindlichkeit befreit haben. Sie haben auf diese Weise im Jahre 2007 zu versteuernde Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die dadurch entstandene steuerliche Belastung haben sie mit 52.573 € errechnet.

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