Zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer sowie von Besteuerungsgrundlagen
FG Berlin-Brandenburg 9.7.2015, 10 K 10124/13Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der An- und Verkauf sowie die Verwaltung von eigenen Immobilien und der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen ist. Gesellschafter der Klägerin sind B und C. Zum 31.12.2007 bestanden Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin gegenüber ihren Gesellschaftern i.H.v. rd. 2,05 Mio. €. Die Darlehen, die jedenfalls teilweise schon seit einer Reihe von Jahren liefen, waren der Klägerin bis zum 31.12.2007 zinslos gewährt worden. Durch vertragliche Vereinbarungen vom 1.3.2008 wurden die Darlehen ab dem 1.1.2008 mit 1,5 Prozent verzinst.
Das Finanzamt kam nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 zu der Auffassung, dass die Darlehen zum 31.12.2007 gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen seien. Es ging davon aus, dass die Laufzeit der Darlehen unbestimmt sei und somit gem. § 13 Abs. 2 BewG der 9,3-fache Jahreswert anzusetzen sei. Unter Verwendung des entsprechenden Vervielfältigers von 0,503 bewertete das Finanzamt die Darlehensverbindlichkeiten mit rd. 1,03 Mio. € und erhöhte den Gewinn der Klägerin um die Differenz zum Nennbetrag, also um rd. 1,02 Mio. €. Aufgrund der Verzinsung der Darlehen ab Beginn des Jahres 2008 wurden die Darlehensverbindlichkeiten zum 31.12.2008 wieder erhöht; der Gewinn der Klägerin verminderte sich zu diesem Zeitpunkt entsprechend um 1,02 Mio. €. Die Gewinnerhöhung im Streitjahr führte aufgrund der Begrenzung des Verlustrücktrags auf rd. 510.000 € zur Festsetzung von Körperschaftsteuer.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Verzinsung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG auf den Zeitraum, für den die Darlehen unverzinslich gewährt worden waren, also auf die Zeit bis zum 31.12.2007, zu beschränken sei. Die Nichtberücksichtigung der bei Bilanzerstellung bereits feststehenden Verzinsung würde dazu führen, dass der zu bewertende Vorteil aus der unentgeltlichen Nutzung des Kapitals unrichtig ermittelt und dargestellt werden würde.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die der Klägerin von ihren Gesellschaftern gewährten Darlehen zum Bilanzstichtag 31.12.2007 zu Recht mit dem Vervielfältiger 0,503 abgezinst.
Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind nur Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen. Verzinslich ist dabei auch ein Darlehen, für das nur in bestimmten Zeiträumen eine Verzinsung vorgesehen ist.
Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn ein Darlehen zunächst unverzinslich gewährt wird, aber aufgrund eines bestimmten späteren Ereignisses - z.B. neue vertragliche Vereinbarung zu den Zinskonditionen, Eintritt einer Bedingung - die Verzinslichkeit entsteht. In diesem Fall ist die Verbindlichkeit bis zu dem späteren Ereignis als unverzinslich zu behandeln und erst ab dem Bilanzstichtag, der dem Ereignis folgt, entsprechend den veränderten Verhältnissen neu zu bewerten. Es besteht nämlich kein Grund, ein zunächst einschränkungslos unverzinslich gewährtes Darlehen von der Abzinsungspflicht auszunehmen, nur weil in späteren Jahren eine Verzinsung vereinbart wird.
Danach waren die Darlehensverbindlichkeiten zum Bilanzstichtag 31.12.2007 abzuzinsen. Die Darlehensverbindlichkeiten waren erst ab dem 1.1.2008 zu verzinsen. Die Verzinslichkeit beruhte auf einem neuen Ereignis, nämlich der vertraglichen Vereinbarung vom 1.3.2008. Dementsprechend waren die Darlehensverbindlichkeiten erst ab dem Bilanzstichtag 31.12.2008 unter Berücksichtigung der Verzinslichkeit neu zu bewerten. Die dem Grunde nach abzuzinsenden Verbindlichkeiten waren, da ihre Laufzeit als unverzinsliche Verbindlichkeiten zum Bilanzstichtag 31.12.2007 nicht begrenzt war, im Schätzwege unter Zugrundelegung von § 13 Abs. 2 BewG mit dem Faktor 0,503 abzuzinsen.
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