Zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
FG Nürnberg 27.4.2020, 6 K 143/20
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob das Finanzamt nach Ergehen von Bescheiden nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 b) AO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb weitere Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erlassen kann.
Der Kläger ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Bezirk des beklagten Finanzamts und betreibt dort zudem eine Photovoltaikanlage. Er wohnt im Bezirk des Finanzamts T. Er gab für die Streitjahre Erklärungen zur gesonderten Feststellung ab, in denen er Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Photovoltaik-Anlage und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) berechnete, erklärte. Die Feststellungserklärungen übermittelte er am 16.9.2015 (für 2013), 22.3.2016 (für 2014) und 19.9.2017 (für 2015) elektronisch an das beklagte Finanzamt. Ein Ausdruck hiervon befindet sich in den Akten des Finanzamts.
Nach Angaben des Finanzamts wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der vorgesehenen Kennziffer der Erklärung übermittelt; für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sei die Eingabe des im jeweiligen Kalenderjahr zu versteuernden Gewinns in einer Kennziffer der elektronischen Feststellungserklärung nicht erfolgt; nur die Anlage L und die Gewinnermittlung nach § 13a EStG seien beigefügt gewesen. Das Finanzamt stellte unter der Steuernummer des Klägers (nur) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Bescheiden vom 2.10.2015 (2013), 12.4.2016 (2004) und 7.11.2017 (2015) gesondert fest. Am 24.5.2019 erließ es nach § 129 AO berichtigte Feststellungsbescheide, in denen es neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft feststellte. Auf den Einspruch des Klägers hob es diese Bescheide wieder auf.
Das Finanzamt erteilte dem Kläger für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eine neue Steuernummer und erließ unter dieser die streitgegenständlichen Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft vom 2.12.2019. Der Kläger ist der Ansicht, er sei seinen Erklärungspflichten nachgekommen und habe stets Einkünfte aus beiden Betrieben erklärt. Er halte es nicht für zulässig, die unrichtigen Veranlagungen für die Jahre 2013 bis 2015 durch Erteilung einer zusätzlichen Steuernummer und den Erlass neuer Bescheide zu korrigieren.
Das FG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt konnte die Bescheide für 2013 bis 2015 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit Feststellungen hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom 2.12.2019 erlassen.
Abweichend von § 157 Abs. 2 AO werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist (§ 179 Abs. 1 AO). Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b) AO werden gesondert festgestellt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Ein Fall der gesonderten Feststellung ist hiernach gegeben, da der Kläger im Bezirk des beklagten Finanzamts seinen Gewerbebetrieb sowie land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, jedoch im Bezirk des Finanzamts wohnt und somit das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt T nicht auch für die Einkommensteuer zuständig ist.
Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist ein vom Steuerfestsetzungsverfahren verselbständigter, selbständig anfechtbarer und bestandskraftfähiger finanzbehördlicher Ausspruch und Verwaltungsakt über das Bestehen oder Nichtbestehen einer bestimmten Besteuerungsgrundlage. Sie bildet eine in § 157 Abs. 2 AO ausdrücklich geregelte Ausnahme vom Grundsatz der verfahrensrechtlichen Einheit des Steuerfestsetzungsverfahrens, wonach die Feststellung der Besteuerungsvoraussetzungen grundsätzlich im Steuerfestsetzungsverfahren durchgeführt werden muss. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Soweit Besteuerungsgrundlagen eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind, können sie angefochten werden und sind einer Teilbestandskraft fähig.
Der Kläger erklärte in seinen Feststellungserklärungen sowohl die Einkünfte aus Gewerbebetrieb als auch aus Land- und Forstwirtschaft. Die Zuordnung von Einkünften zu einer Einkunftsart und die Höhe der Einkünfte stellen selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen dar. Daher hat das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen. Das Finanzamt traf mit Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen lediglich Feststellungen zu den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die vom Finanzamt hierfür angeführten Gründe - kein Eintrag in die Kennziffer der elektronischen Feststellungserklärung - lassen sich aus der dem Gericht vorliegenden Papierakte des Finanzamts nicht nachvollziehen, sind aber im Ergebnis ohne Belang.
Die Bestandskraft dieser gesonderten Feststellungen steht dem Erlass von Feststellungsbescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht entgegen. Der Umfang der Feststellungen in den Bescheiden für 2013, 2004 und 2015 erschöpft sich in der Feststellung von (laufenden) Einkünften aus Gewerbebetrieb und deren Höhe. Bei den Besteuerungsgrundlagen in Bezug auf das Vorliegen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und der Höhe der laufenden Einkünfte handelt es sich um andere Besteuerungsgrundlagen, für die die bereits ergangenen Feststellungsbescheide keine Regelung treffen. Aus der oben dargestellten Systematik der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen folgt, dass jede gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ein eigenständiger Verwaltungsakt ist, der einer (eigenen) Bestandskraft fähig ist. Eine Notwendigkeit, die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen verschiedener Einkunftsarten in einem Feststellungsbescheid zusammenzufassen - wie dies üblicherweise erfolgt -, besteht nicht. Das Finanzamt kann daher - in den Grenzen der Feststellungsverjährung - die zunächst unterbliebene Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wegen der Eigenständigkeit der Feststellung dieser Besteuerungsgrundlagen noch treffen.
Bayern.Recht
Streitig ist, ob das Finanzamt nach Ergehen von Bescheiden nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 b) AO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb weitere Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erlassen kann.
Der Kläger ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Bezirk des beklagten Finanzamts und betreibt dort zudem eine Photovoltaikanlage. Er wohnt im Bezirk des Finanzamts T. Er gab für die Streitjahre Erklärungen zur gesonderten Feststellung ab, in denen er Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Photovoltaik-Anlage und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) berechnete, erklärte. Die Feststellungserklärungen übermittelte er am 16.9.2015 (für 2013), 22.3.2016 (für 2014) und 19.9.2017 (für 2015) elektronisch an das beklagte Finanzamt. Ein Ausdruck hiervon befindet sich in den Akten des Finanzamts.
Nach Angaben des Finanzamts wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der vorgesehenen Kennziffer der Erklärung übermittelt; für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sei die Eingabe des im jeweiligen Kalenderjahr zu versteuernden Gewinns in einer Kennziffer der elektronischen Feststellungserklärung nicht erfolgt; nur die Anlage L und die Gewinnermittlung nach § 13a EStG seien beigefügt gewesen. Das Finanzamt stellte unter der Steuernummer des Klägers (nur) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Bescheiden vom 2.10.2015 (2013), 12.4.2016 (2004) und 7.11.2017 (2015) gesondert fest. Am 24.5.2019 erließ es nach § 129 AO berichtigte Feststellungsbescheide, in denen es neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft feststellte. Auf den Einspruch des Klägers hob es diese Bescheide wieder auf.
Das Finanzamt erteilte dem Kläger für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eine neue Steuernummer und erließ unter dieser die streitgegenständlichen Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft vom 2.12.2019. Der Kläger ist der Ansicht, er sei seinen Erklärungspflichten nachgekommen und habe stets Einkünfte aus beiden Betrieben erklärt. Er halte es nicht für zulässig, die unrichtigen Veranlagungen für die Jahre 2013 bis 2015 durch Erteilung einer zusätzlichen Steuernummer und den Erlass neuer Bescheide zu korrigieren.
Das FG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt konnte die Bescheide für 2013 bis 2015 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen mit Feststellungen hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom 2.12.2019 erlassen.
Abweichend von § 157 Abs. 2 AO werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist (§ 179 Abs. 1 AO). Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b) AO werden gesondert festgestellt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Ein Fall der gesonderten Feststellung ist hiernach gegeben, da der Kläger im Bezirk des beklagten Finanzamts seinen Gewerbebetrieb sowie land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, jedoch im Bezirk des Finanzamts wohnt und somit das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt T nicht auch für die Einkommensteuer zuständig ist.
Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist ein vom Steuerfestsetzungsverfahren verselbständigter, selbständig anfechtbarer und bestandskraftfähiger finanzbehördlicher Ausspruch und Verwaltungsakt über das Bestehen oder Nichtbestehen einer bestimmten Besteuerungsgrundlage. Sie bildet eine in § 157 Abs. 2 AO ausdrücklich geregelte Ausnahme vom Grundsatz der verfahrensrechtlichen Einheit des Steuerfestsetzungsverfahrens, wonach die Feststellung der Besteuerungsvoraussetzungen grundsätzlich im Steuerfestsetzungsverfahren durchgeführt werden muss. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Soweit Besteuerungsgrundlagen eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind, können sie angefochten werden und sind einer Teilbestandskraft fähig.
Der Kläger erklärte in seinen Feststellungserklärungen sowohl die Einkünfte aus Gewerbebetrieb als auch aus Land- und Forstwirtschaft. Die Zuordnung von Einkünften zu einer Einkunftsart und die Höhe der Einkünfte stellen selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlagen dar. Daher hat das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen. Das Finanzamt traf mit Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen lediglich Feststellungen zu den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die vom Finanzamt hierfür angeführten Gründe - kein Eintrag in die Kennziffer der elektronischen Feststellungserklärung - lassen sich aus der dem Gericht vorliegenden Papierakte des Finanzamts nicht nachvollziehen, sind aber im Ergebnis ohne Belang.
Die Bestandskraft dieser gesonderten Feststellungen steht dem Erlass von Feststellungsbescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht entgegen. Der Umfang der Feststellungen in den Bescheiden für 2013, 2004 und 2015 erschöpft sich in der Feststellung von (laufenden) Einkünften aus Gewerbebetrieb und deren Höhe. Bei den Besteuerungsgrundlagen in Bezug auf das Vorliegen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und der Höhe der laufenden Einkünfte handelt es sich um andere Besteuerungsgrundlagen, für die die bereits ergangenen Feststellungsbescheide keine Regelung treffen. Aus der oben dargestellten Systematik der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen folgt, dass jede gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ein eigenständiger Verwaltungsakt ist, der einer (eigenen) Bestandskraft fähig ist. Eine Notwendigkeit, die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen verschiedener Einkunftsarten in einem Feststellungsbescheid zusammenzufassen - wie dies üblicherweise erfolgt -, besteht nicht. Das Finanzamt kann daher - in den Grenzen der Feststellungsverjährung - die zunächst unterbliebene Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wegen der Eigenständigkeit der Feststellung dieser Besteuerungsgrundlagen noch treffen.