24.02.2014

Zur Haftung des Geschäftsführers für nicht an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuern

Das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen. Selbst bei Vorliegen einer klaren, eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung unter den Geschäftsführern muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des Mitgeschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern.

FG Rheinland-Pfalz 10.12.2013, 3 K 1632/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zusammen mit dem H. Geschäftsführer einer GmbH. Im Jahr 2010 war für die beschäftigten Arbeitnehmer für mehrere Monate keine Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt worden. Da Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der Gesellschaft erfolglos geblieben waren, nahm das Finanzamt den Kläger mit einem sog. Haftungsbescheid in Anspruch. Auch H. wurde - allerdings in geringerem Umfang - zur Haftung herangezogen.

Der Kläger legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und machte u.a. geltend, dass nach einer internen Zuständigkeitsvereinbarung nur der H. für die Erledigung steuerlicher Aufgaben und somit für die Abführung der Lohnsteuer zuständig gewesen sei. Er selbst sei insofern seiner Überwachungspflicht nachgekommen, indem er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert habe, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt worden seien. Der  Einspruch blieb jedoch erfolglos; ebenso wie die hiergegen gerichtete Klage vor dem FG. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger war im maßgeblichen Zeitraum Geschäftsführer der GmbH und haftet daher als gesetzlicher Vertreter.

Daran änderte auf die geltend gemachte interne Aufgabenverteilung zwischen ihm und dem Mitgeschäftsführer H. nichts, denn grundsätzlich gilt das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters. Dieses Prinzip verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen. Durch eine entsprechende Geschäftsverteilung kann zwar die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers begrenzt werden. Dies erfordert allerdings eine im Vorhinein getroffene, eindeutige - und deshalb schriftliche - Klarstellung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist. Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass im Haftungsfall jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit des anderen verweist.

Aber selbst bei Vorliegen einer klaren, eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des Mitgeschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern. Dies gilt etwa - wie hier - in finanziellen Krisensituationen. Außerdem muss er dafür sorgen, dass er im Fall des Eintritts einer solchen Krise rechtzeitig davon erfährt.

Im vorliegenden Fall fehlte es bereits an einer schriftlichen Aufgabenverteilung zwischen dem Kläger und dem weiteren Geschäftsführer. Schon aus diesem Grund war die geltend gemachte Geschäftsverteilung haftungsrechtlich unbeachtlich. Zudem hatte der Kläger eine gesteigerte Überwachungspflicht, da er wusste, dass sich die Gesellschaft in einer finanziellen Schieflage befand. In Anbetracht dessen wäre selbst im Fall einer schriftlichen Aufgabenverteilung die Gesamtverantwortung des Klägers wieder aufgelebt.

Der Kläger konnte sich auch nicht damit entschuldigen, dass eine Steuerberaterin eingebunden gewesen war und dass er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert hatte, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt wurden. Sein schuldhaftes Verhalten lag schließlich darin, dass er nicht darauf hingewirkt hatte, dass die Löhne nur gekürzt ausgezahlt wurden. Dann hätte nämlich die - auf die gekürzten Löhne entfallende - Lohnsteuer aus dem verbleibenden Geld ordnungsgemäß einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden können.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 24.2.2014
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