Zur Haftung eines Geschäftsführers bei Schwarzlohnzahlungen
FG Köln 24.10.2012, 15 K 66/12Die Klägerin war bis Ende 2009 bei der B-GmbH eine von zwei Gesellschaftern und zugleich alleinige und einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin. Unter der Leitung der Staatsanwaltschaft ermittelte das beklagte Finanzamt gemeinsam mit dem Hauptzollamt gegen die GmbH u.a. wegen des Verdachts der Lohnsteuerverkürzung. Als Ergebnis der gemeinsamen Ermittlungen stellten die Behörden fest, dass die B-GmbH in den Jahren 2005 und 2006 auf ihren Baustellen eine unbekannte Anzahl von Personen beschäftigte, ohne die sozialversicherungsrechtlichen oder steuerlichen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Im November 2009 erließ das Finanzamt gegenüber der GmbH einen Haftungsbescheid, in dem es sie als Arbeitgeberin in Haftung nahm. Während des Verfahrens der GmbH vor dem FG wegen Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides reduzierte die Behörde die Haftungsschuld auf 104.710 €. Später nahm das Finanzamt die Klägerin gem. §§ 34, 69 und 71 AO wegen eines Betrages i.H.v. 71.944 € in Haftung. In dieser Summe waren rückständige Abgaben der GmbH an Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchenlohnsteuer 2005 und 2006 erfasst, die alle aus dem Haftungsbescheid gegen die GmbH herrührten, sowie Säumniszuschläge. Bis auf die - deutlich niedrigere - Lohnsteuer 2005 waren die Beträge an Hauptschulden identisch mit denen laut dem o.g. geänderten Haftungsbescheid gegenüber der GmbH.
Die Klägerin war der Ansicht, bei der Haftung der Höhe nach könne sich das Finanzamt nicht auf den Haftungsbescheid gegenüber der GmbH berufen, da dieser kein Nachforderungsbescheid sei. Sie beantragte, den Haftungsbescheid aufzuheben. Das FG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Klägerin haftet für die Lohnsteuer, Solidaritätszuschläge zur Lohnsteuer und die Lohnkirchensteuern für 2005 und 2006, für die die GmbH ihrerseits in Haftung genommen wurde.
Nach §§ 69 S. 1 AO, 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz haftet der GmbH-Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung seiner ihm durch § 34 Abs. 1 AO auferlegten steuerlichen Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Gem. §§ 71, 370 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 AO kann der Geschäftsführer auch als Steuerhinterzieher in Haftung genommen werden, wenn er durch unrichtige, unvollständige oder unterlassenen Angaben in abzugebenden Steueranmeldungen oder -erklärungen für die von ihm vertretene GmbH nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, indem er auf diese Weise die nicht ordnungsgemäß angemeldeten bzw. erklärten Steuern zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Liquidität oder zur Verbesserung des Betriebsergebnisses der Gesellschaft dem Finanzamt vorenthält.
Dabei liegt eine solche vorsätzliche haftungsbegründende Steuerhinterziehung stets dann vor, wenn der Geschäftsführer - wie hier - sog. Schwarzlöhne an die Arbeitnehmer der von ihm geführten GmbH ausgezahlt hat, um durch die damit verbundene Nichtabführung und -anmeldung der auf die ausgezahlten Löhne an sich entfallenden Lohnsteuer etc. dem Steuergläubiger die entsprechenden Lohnsteuerbeträge dauerhaft zu entziehen. Ist demnach die Inhaftungnahme des Geschäftsführers sowohl nach § 71 AO als auch nach § 69 S. 1 AO dem Grunde nach berechtigt, so sind für die Höhe seiner Inhaftungnahme im Fall einer Lohnsteuerhinterziehung durch Schwarzlohnzahlungen die hinterzogenen Abzugssteuerbeträge maßgebend. Diese können auch nach § 162 AO geschätzt werden.
Für die Inhaftungnahme des GmbH-Geschäftsführers bedarf es in der Regel nicht nur dann keiner besonderen Begründung des Entschließungsermessens mehr ("Vorprägung des Ermessens"), wenn die Inhaftungnahme des Geschäftsführers wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung erfolgt, sondern auch, wenn sie wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen das Lohnsteueranmeldungs- und -abführungsgebot des § 41a Abs. 1 EStG geschieht. Denn diese gesetzliche Verpflichtung wird bei Schwarzlohnzahlungen des Geschäftsführers stets gleichfalls vorsätzlich verletzt.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass sowohl bei nicht abgeführter wie bei hinterzogener Lohnsteuer grundsätzlich auch die Arbeitnehmer als die eigentlichen Schuldner der Lohnsteuer als steuerpflichtige Gesamtschuldner in Betracht kommen. Soweit die Arbeitnehmer Schwarzlohnempfänger waren, brauchte die Behörde beim Auswahlermessen nicht darzulegen, weshalb sie vorliegend von deren Inanspruchnahme abgesehen hat. Denn wenn es bei einer Haftung für Lohnsteuer und Annexsteuern um eine größere Zahl von Arbeitnehmern geht, ist es nicht ermessensfehlerhaft, diese nicht in Anspruch zu nehmen.
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