30.06.2011

Zur Klageänderung und zu den Rechtsschutzmöglichkeiten bei Gewinnfeststellungsbescheiden

Bei einer Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid führt jedes nachträglich gestellte Rechtsschutzbegehren, das nicht mit der Klage angegriffene Feststellungen betrifft, zu einer Klageänderung i.S.d. § 67 FGO, die nur innerhalb der Klagefrist zulässig ist. Die nicht innerhalb der Klagefrist angegriffenen Feststellungen werden insoweit auch dann - formell - bestandskräftig, wenn der Gewinnfeststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.

BFH 9.2.2011, IV R 15/08
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG in Liquidation, die ein Transportunternehmen betrieb. Die hierfür verwendeten Grundstücke mietete sie von der K-GbR, deren Gesellschafter die Kommanditisten GmbH & Co. KG waren. Die K-GbR erfasste die Grundstücke in ihrer Gesamthandsbilanz. Im Januar 1994 gab die Klägerin ihren Speditionsbetrieb auf und veräußerte die LKW. Der Grundbesitz wurde an Dritte vermietet. Die Mieteinnahmen erklärte die Klägerin als Sonderbetriebseinnahmen, während die Grundstücke weiterhin bei der K-GbR bilanziert wurden. Im Streitjahr 2005 wurden die Grundstücke dann versteigert. Die Klägerin erklärte den Gewinn aus der Versteigerung als tarifbegünstigten Aufgabegewinn, weil die Versteigerung mit der Aufgabe des Speditionsbetriebs im Jahr 1994 im Zusammenhang stehe.

Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern stellte unter Vorbehalt der Nachprüfung einen Gesamtgewinn i.H.v. rund 575.182 € und darin enthalten Sonderbetriebseinnahmen von 558.239 € fest. Die Klägerin begehrte weiterhin die Feststellung des Gewinns aus der Versteigerung des Grundbesitzes als tarifbegünstigten Aufgabegewinn sowie die Verrechnung der Gewinnanteile der Gesellschafter mit früheren Verlusten nach § 15a EStG. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens erhöhte das Finanzamt sowohl den Gesamtgewinn der Klägerin als auch die Sonderbetriebseinnahmen, da dieser Betrag in einem Zivilprozess vom Erwerber der Grundstücke gefordert wurde.

Die Klägerin machte mit "Hilfsantrag" geltend, dass der Gewinn aus der Versteigerung der Grundstücke dem Grunde nach nicht bei ihr, sondern bei der K-GbR zu erfassen sei. Mit dem "Hauptantrag" verfolgte sie ihre bisherigen Klageziele weiter. Das FG gab der Klage im "Hauptantrag" insoweit statt, als der Gewinn aus der Versteigerung um die Forderung gegen den Erwerber zu mindern und die Gewinnanteile der Gesellschafter mit früheren Verlusten zu verrechnen seien. Auch der "Hilfsantrag" hatte Erfolg. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Unrecht in der Sache über den "Hauptantrag" zur Höhe des Aufgabegewinns und über den "Hilfsantrag" zur Erfassung des Aufgabegewinns bei der Klägerin dem Grunde nach entschieden.

Bei einer Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid führt jedes nachträglich gestellte Rechtsschutzbegehren, das nicht mit der Klage angegriffene Feststellungen betrifft, zu einer Klageänderung i.S.d. § 67 FGO, die nur innerhalb der Klagefrist zulässig ist. Die nicht innerhalb der Klagefrist angegriffenen Feststellungen werden insoweit auch dann - formell - bestandskräftig, wenn der Gewinnfeststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.

Dies schließt jedoch außergerichtlichen Rechtsschutz nicht aus. Denn ein während des finanzgerichtlichen Verfahrens geänderter Gewinnfeststellungsbescheid wird nach § 68 FGO nur hinsichtlich der bereits zulässig mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Gegen die übrigen im Änderungsbescheid korrigierten Besteuerungsgrundlagen kann der Steuerpflichtige Einspruch einlegen. Bei Gewinnfeststellungsbescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung kann der Steuerpflichtige nach § 164 Abs. 2 AO bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist die Abänderung nicht bei Gericht anhängiger Feststellungen bei der Finanzbehörde beantragen.

Nach diesen Grundsätzen hätte das FG über den Ansatz des Versteigerungsgewinns weder dem Grunde noch der Höhe nach entscheiden dürfen. Die Klägerin hatte mit ihrer Klage ursprünglich nur die Qualifikation des Gewinns aus der Versteigerung der Grundstücke als tarifbegünstigter Aufgabegewinn anstelle laufenden Gewinns begehrt. Damit war bei Klageerhebung allein die Qualifikation des Gewinns Gegenstand der Klage geworden. Weder die ursprünglich erhobene Klage noch der Änderungsbescheid hatten die Zurechnung des Gewinns aus der Versteigerung des Grundbesitzes zum Gegenstand. Damit war eine Einbeziehung dieses Streitpunktes nach § 68 FGO ausgeschlossen. Auch eine Klageerweiterung nach § 67 FGO kam nicht in Betracht, da hierfür die Klagefrist abgelaufen war.

Im weiteren Verfahren muss das FG nun - über das ursprüngliche Klagebegehren - entscheiden, ob die Veräußerung der Grundstücke im Jahr 2005 noch als Teilakt einer tarifbegünstigten Betriebsaufgabe anzusehen ist.

Linkhinweis:

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