15.07.2019

Zur Kraftfahrzeugsteuerbefreiung von Sattelzugmaschinen

Nach § 3 Nr. 7 Satz 1 1. Alt. KraftStG sind Zugmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer nicht befreit, wenn sie von der Zulassungsbehörde als "Sattelzugmaschine" (Fahrzeugklasse 88), oder "LOF.Sattelzugmaschine" (Fahrzeugklasse 90) zugelassen wurden. Von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG Zugmaschinen, mit Ausnahme von Sattelzugmaschinen, solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

BFH v. 21.3.2019 - III R 20/18
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob der Kläger eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für ein landwirtschaftlich genutztes Fahrzeug gem. § 3 Nr. 7 KraftStG beanspruchen kann. Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes. Ausschließlich in diesem Betrieb verwendet er eine seit Mai 2014 auf ihn zugelassene Sattelzugmaschine. Dieses Fahrzeug erreicht eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 89 km/h und verfügte ursprünglich nur über die bauarttypische Sattelkupplung zwecks Verbindung mit einem Sattelauflieger.

Unmittelbar bevor die Sattelzugmaschine auf den Kläger zugelassen wurde, hatte er im Mai 2014 daran eine Anhängerkupplung montieren lassen, die die Verwendung üblicher landwirtschaftlicher Anhänger einschließlich deren Versorgung mit Elektrizität sowie Druckluft zum Betrieb der Bremsen ermöglichte. Die Verwendbarkeit des Fahrzeugs zum Betrieb mit einem Sattelauflieger wurde durch diesen Umbau nicht beeinträchtigt.

Das Fahrzeug wurde von der Zulassungsstelle als "Sattelzugmaschine" mit der Fahrzeugklasse 88, Aufbauart 0000 eingestuft (Felder "5", "J" und "4" der Zulassungsbescheinigung Teil I, im Folgenden: Schlüsselnummer 88 0000). Das Hauptzollamt setzte ab Mai 2014 rückwirkend Kraftfahrzeugsteuer i.H.v. 556 € fest. Der Kläger beantragte beim Hauptzollamt die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 7 KraftStG, nachdem er im Einzelgenehmigungsverfahren die Zulassungsbescheinigung dahingehend hatte berichtigen lassen, dass das Fahrzeug nunmehr als "LOF.Sattelzugmaschine" (Schlüsselnummer 90 0000) eingetragen ist. Das HZA lehnte diesen Antrag ab.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Hauptzollamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Klage war abzuweisen, da es sich vorliegend um eine von der Steuerbefreiung ausgenommene Sattelzugmaschine i.S.d. § 3 Nr. 7 Satz 1 1. Alt. KraftStG handelte.

Seit dem Gesetz zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (VerkehrStÄndG) vom 5.12.2012 ist die Feststellung von Fahrzeugklassen und Aufbauarten durch die Zulassungsbehörde gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer verbindlich. Die durch die Zulassungsbehörde in den Fahrzeugpapieren dokumentierte Feststellung bzgl. Fahrzeugklasse und Aufbauart stellt damit einen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO dar, an den die Zollverwaltung bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer gem. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden ist, soweit keine anderweitige Regelung getroffen wird.

Eigenständige Regelungen zur Bestimmung von Zugmaschinen und Sattelzugmaschinen enthält das KraftStG nicht. Die Zulassungsbehörden stellen die Fahrzeugklasse und die Aufbauart entsprechend dem "Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern" des Kraftfahrtbundesamts (KBA-Verzeichnis) fest. Das KBA-Verzeichnis dient der einheitlichen Erfassung der gem. § 6 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 7 Buchst. a der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) in den Fahrzeugregistern zu speichernden und in den Fahrzeugpapieren zu erfassenden Daten. Die Zulassungsbehörden unterscheiden demnach zwischen den Fahrzeugklassen 87 "Zugmaschine", 88 "Sattelzugmaschine", 89 "LOF.Zugmaschine" und 90 "LOF.Sattelzugmaschine" (KBA-Verzeichnis, S. 46).

Kraftfahrzeugsteuerrechtlich wird in § 3 Nr. 7 KraftStG lediglich zwischen "Zugmaschine" und "Sattelzugmaschine", als deren Unterfall, unterschieden. Das zulassungsrechtliche Merkmal "LOF" hat über die zulassungs- und verkehrsrechtliche Bedeutung hinaus (z.B. Agrardiesel-Rückvergütung, Sonntagsfahrverbot, EU-Kontrollgerät) keine kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bedeutung. Entsprechend unterfallen dem kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Begriff der "Zugmaschine" i.S.d. § 3 Nr. 7 Satz 1 1. Alt. KraftStG alle Fahrzeuge, die von der Zulassungsbehörde in den Fahrzeugklassen 87 "Zugmaschine", 88 "Sattelzugmaschine", 89 "LOF.Zugmaschine" oder 90 "LOF.Sattelzugmaschine" zugelassen wurden. Ausgenommen von der Steuerbefreiung sind "Sattelzugmaschinen", worunter alle Fahrzeuge fallen, die von der Zulassungsbehörde in den Fahrzeugklassen als 88 "Sattelzugmaschine" oder 90 "LOF.Sattelzugmaschine" zugelassen wurden.

An der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Differenzierung zwischen "Zugmaschine" und "Sattelzugmaschine" ändert auch die zulassungsrechtliche Dreiteilung in § 2 Nr. 14, 15 und 16 FZV nichts. Ansonsten wären alle "land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschinen" nach § 2 Nr. 16 FZV mangels Nennung in § 3 Nr. 7 KraftStG nicht von der Steuerbefreiung erfasst. Die Unterscheidung zwischen "Zugmaschine" und "Sattelzugmaschine" bedarf auch keiner teleologischen Reduktion. Es entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass die Steuerbefreiung nach ihrem Sinn und Zweck so weit wie nur möglich auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft beschränkt bleiben sollte. Im Interesse dieser Beschränkung sollten Sattelzugmaschinen und Sattelanhänger ausdrücklich von der Befreiung ausgeschlossen sein, da diese auch anderweitig, insbesondere im Güterkraftverkehrsgewerbe und in Gewerbebetrieben auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft verwendbar sind. Diese Verwendung selbst steht aber nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem eigentlichen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern kann z.B. auch von einem Handelsbetrieb veranlasst werden und rechtfertigt somit keine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer.

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