30.09.2011

Zur Rückgängigmachung eines Grundstückskaufvertrags bei einem Wechsel auf der Veräußererseite

Wählen die Parteien eines Grundstückskaufvertrages nach Beratung durch den Notar ausdrücklich den Weg der Aufhebung des bisherigen Kaufvertrages und den Abschluss eines neuen Vertrages mit einem anderen Vertragspartner, ist diese Vereinbarung regelmäßig nicht als Vertragsübernahme auszulegen. Ein mit einem Nichteigentümer geschlossener Grundstückskaufvertrag ist auch dann rückgängig gemacht i.S.d. § 16 Abs. 1 GrEStG, wenn er später wieder aufgehoben wird und der Erwerber gleichzeitig einen neuen Kaufvertrag mit dem Eigentümer abschließt.

FG Hamburg 21.6.2011, 3 K 12/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin erwarb ein Grundstück, bei dem es sich um die Teilfläche eines größeren Grundstücks handelte. Dieses hatte der Eigentümer zunächst ungeteilt an Frau A verkauft, die die noch nicht vermessene Teilfläche sodann an die Klägerin weiterveräußerte. Als der Kaufpreis erst mit einiger Verzögerung bereit stand, war das Grundstück bereits geteilt worden. Die Beteiligten hoben nunmehr die geschlossenen Kaufverträge wieder auf und die Klägerin erwarb ihren Grundstücksteil nunmehr unmittelbar vom Verkäufer, wobei Aufhebung und Neuabschluss der Verträge mittels aufschiebender Bedingungen miteinander verknüpft wurden.

Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin zweimal Grunderwerbsteuer fest. Den Antrag der Klägerin, wegen der Aufhebung des ersten Kaufvertrags den entsprechenden Steuerbescheid gem. § 16 GrEStG aufzuheben, lehnte das Finanzamt ab. Der Erwerbsvorgang sei in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht nicht rückgängig gemacht worden, sondern die Klägerin habe das Grundstück - nunmehr vom Eigentümer - erworben.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision wird beim BFH unter dem Az. II R 42/11 geführt.

Die Gründe:
Die Ablehnung der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 FGO).

Die Klägerin hat den Ablehnungsbescheid rechtzeitig angefochten. Ein Schreiben der Klägerin, in dem sie gegenüber der Steuerkasse innerhalb der Einspruchsfrist die Zahlung der Grunderwerbsteuer unter Hinweis auf die Vertragsaufhebung abgelehnt hatte, war unter Berücksichtigung der rechtlichen Komplexität des Verfahrens als Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Aufhebung des Grundsteuerbescheids auszulegen. Da von der Steuerkasse die fristgerechte Weiterleitung erwartet werden konnte, ist der verspätete Eingang dieses Schreibens beim Finanzamt nicht von der Klägerin verschuldet und der Einspruch somit unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtzeitig erfolgt.

Die Klage hatte auch in der Sache Erfolg. § 16 GrEStG kommt zwar bei einer bloßen Vertragsübernahme nicht in Betracht, sondern setzt voraus, dass mit der zivilrechtlichen Aufhebung des Vertrags auch sein wirtschaftliches Ergebnis wieder beseitigt wird und die Parteien sich so stellen, als wäre er gar nicht erst zustande gekommen. Im vorliegenden Fall haben die Parteien nach Beratung durch den Notar bewusst und ausdrücklich den Weg der Aufhebung des bisherigen Kaufvertrages und den Abschluss eines neuen Vertrages mit einem anderen Vertragspartner gewählt; eine solche Vereinbarung ist regelmäßig nicht als Vertragsübernahme auszulegen. Auch wurde der Erwerbsvorgang tatsächlich rückgängig gemacht, denn die Klägerin behielt keine Rechte aus dem ursprünglichen Vertrag.

Dass der Aufhebungsvertrag unter aufschiebender Bedingung geschlossen wurde und die Klägerin gleichzeitig mit der Aufhebung einen neuen Übereignungsanspruch erwarb, ist unerheblich. Der Fall der Klägerin unterscheidet sich wesentlich von dem der Frau A, die ebenfalls, aber erfolglos gegen ihren Grunderwerbsteuerbescheid angegangen war. Denn Frau A hatte ihre Rechtsposition über die Aufhebung des Kaufvertrages hinaus genutzt, um - im eigenen wirtschaftlichen Interesse - der Klägerin das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen.

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FG Hamburg Newsletter vom 30.9.2011
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