Zur Rücknahme eines Antrags auf Aufteilung der Steuerschuld nach Erteilung des Aufteilungsbescheides
Niedersächsisches FG 5.11.2013, 15 K 14/13Das Finanzamt legte gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau die Einkommensteuer für das Streitjahr 2010 fest. Da die Eheleute keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, ermittelte die Steuerbehörde die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege. Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren reichten der Kläger und seine Ehefrau die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ein, mit der sie Zusammenveranlagung beantragten. Der Kläger und die Beigeladene erklärten, seit Juli 2011 dauernd getrennt zu leben.
Daraufhin setzte das Finanzamt erneut Einkommensteuer für das Streitjahr fest. Aus dem Abrechnungsteil ergab sich eine Nachforderung i.H.v. insgesamt 1.100 €. Gegen die Festsetzung der Einkommensteuer legten der Kläger und die Beigeladene keinen Rechtsbehelf ein. Auf Antrag des Klägers erteilte das Finanzamt einen Aufteilungsbescheid. Dadurch teilte es die Gesamtschuld nach dem Verhältnis der Beträge auf, die sich bei getrennter Veranlagung zur Einkommensteuer ergäben. Dies führte dazu, dass auf den Kläger 100 % und auf die Beigeladene 0 % der Steuer entfielen. Den Kläger traf demnach eine Nachforderung i.H.v. 2.500 €, während der Ehefrau eine Erstattung i.H.v. 1.400 € zusteht.
Gegen den Aufteilungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Er nehme den Aufteilungsantrag zurück. Aufgrund des Bescheides habe sich die Steuerschuld des Klägers erhöht. Auch die Ehefrau habe durch den Bescheid keinen Vorteil. Einerseits würden die ihr zustehenden Erstattungen mit Rückständen aufgerechnet. Andererseits müsse der Kläger die Unterhaltszahlungen an sie solange einstellen, bis die Abgabenschuld getilgt sei.
Sowohl der Einspruch als auch die Klage blieben erfolglos. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Eine Aufhebung des Aufteilungsbescheides war abzulehnen.
Die Vorschriften über die Aufteilung einer Gesamtschuld gem. §§ 268 bis 280 AO sehen nicht die Möglichkeit vor, dass der Schuldner den Aufteilungsantrag zurücknimmt. Unter welchen Voraussetzungen ein Aufteilungsbescheid geändert werden kann, ist abschließend in § 280 Abs. 1 AO geregelt. Hierbei handelt es sich gegenüber §§ 130 ff. AO und §§ 172 ff. AO um die speziellere Vorschrift. Das bedeutet, dass ein Aufteilungsbescheid ausschließlich nach Maßgabe der Bestimmungen des § 280 Abs. 1 AO korrigiert werden kann.
Die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 AO lagen im vorliegenden Fall nicht vor. Denn der Aufteilungsbescheid beruhte weder auf unrichtigen Angaben (Nr. 1), noch hatte sich die rückständige Steuer nach Erteilung des Bescheides geändert (Nr. 2). Dem Finanzamt war auch keine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, die gem. § 280 Abs. 1 AO i.V.m. § 129 AO durch eine Aufhebung des Bescheides berichtigt werden könnte.
Schließlich war auch eine Aufhebung des Aufteilungsbescheides nach § 367 Abs. 2 AO ausgeschlossen. Da der Kläger mit seinem Antrag ein verwaltungsrechtliches Gestaltungsrecht ausgeübt hatte und die Ausübung dieses Rechts unwiderruflich war, konnte der Kläger den Aufteilungsantrag nicht zurücknehmen. Ein Gestaltungsrecht ist nach einmaliger Ausübung verbraucht. Die von Rechtsprechung und Literatur in erster Linie für schuldrechtliche Gestaltungsrechte aufgestellten Grundsätze sind auf verwaltungsrechtliche Gestaltungsrechte jedenfalls grundsätzlich übertragbar. Hier wie dort erfordern es die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, dass die Ausübung eines Gestaltungsrechts weder wiederholbar noch widerruflich ist.
Allerdings war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO die Revision zuzulassen. Denn durch die BFH-Rechtsprechung ist bislang nicht geklärt, ob ein Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung nach §§ 268 f. AO vor Eintritt der Bestandskraft des erteilten Aufteilungsbescheides zurückgenommen werden kann.
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