Zur Schätzung der Einkünfte aus einer Hundezucht anhand eingekaufter Transponder
FG Münster 8.9.2015, 4 K 2856/14 E,G (PKH)Die Antragstellerin hatte 2006 einen Hundezuchtbetrieb von ihrem Ehemann übernommen und erzielte hieraus in den Folgejahren, darunter auch den Streitjahren 2008 bis 2011, gewerbliche Einkünfte. Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen lagen für die Streitjahre nicht vor. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung leitete im Jahr 2011 gegen die Antragstellerin ein Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung ein. Anlass hierfür war ein Strafverfahren gegen die Antragstellerin und ihren Ehemann wegen Betruges.
Den Eheleuten wurde vorgeworfen, aus verschiedenen Ländern importierte und teilweise erkrankte Tiere als Hunde aus eigener Zucht angeboten und verkauft zu haben. In diesem Zusammenhang wurde bekannt, dass den Hunden Transponder mit individuellen Nummern implantiert worden waren. Durch freiwillige Registrierung des Hundehalters in einer Datenbank kann anhand des Transponders der jeweilige Hund lebenslang identifiziert werden. Es ist branchentypisch, dass Hundewelpen von Züchtern mit eingesetztem Transponderchip verkauft werden. Die Steuerfahndung stellte fest, dass der Sohn der Antragstellerin im Jahr 2008 insgesamt 270 Transponder, im April 2010 weitere 50 Transponder und die Tochter der Antragstellerin 2010 rund 100 Transponder erworben hatten. Die Kinder der Antragstellerin betrieben selbst kein Gewerbe im Bereich der Tierzucht und des Tierhandels.
Ende 2011 erfolgte eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume der Antragstellerin. Hierbei wurden weitere Transponder, Verträge über Verkäufe von Hundewelpen sowie Ausgabenbelege für einen Gewerbebetrieb sichergestellt. Die Steuerfahndung berechnete auf Grundlage der Angaben der Kunden für die Streitjahre durchschnittliche Verkaufspreise pro Hund. Das Finanzamt folgte den Feststellungen und erließ gegenüber der Antragstellerin und ihrem Ehemann erstmalige Einkommensteuerbescheide sowie gegenüber der Antragstellerin erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre. Da die Antragstellerin keine Steuererklärungen eingereicht habe, bestehe eine Schätzungsbefugnis.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Klage und stellte einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das FG lehnte den Antrag ab.
Die Gründe:
Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach der gebotenen summarischen Prüfung sind die angefochtenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2008 bis 2011 nicht rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
Dem Grunde nach bestand für alle Streitjahre eine Schätzungsbefugnis gem. § 162 Abs. 2 AO, weil die Antragstellerin ihrer Pflicht, Steuererklärungen einzureichen, nicht nachgekommen war. Es schien insbesondere nicht wahrscheinlich, dass die Antragstellerin Steuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2010 nebst Originalbelegen beim Finanzamt eingereicht hatte. So ist es äußerst unüblich, dass Steuererklärungen unter Beifügung sämtlicher Originalbelege in Bezug auf betriebliche Einkünfte beim Finanzamt eingereicht und noch nicht einmal Kopien der Erklärungen, der Gewinnermittlungen und der Belege zurückbehalten werden. Letztlich trug auch die Antragstellerin die Feststellungslast für den von ihr behaupteten Zugang der Erklärungen und Belege beim Finanzamt.
Der Ansatz der Betriebsausgaben mit 60% der (bereinigten) Erlöse war im Rahmen des summarischen Verfahrens ebenfalls nicht zu beanstanden. Ein höherer Ansatz kam mangels Vorlage von Belegen nicht in Betracht. Abschreibungen auf die Zuchthunde und die Zuchtanlagen konnten ebenfalls nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Unabhängig von der Frage der Nutzungsdauer und der Werthaltigkeit dieser Wirtschaftsgüter ist es dem Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung nicht möglich, den Übertragungsvertrag und den Darlehensvertrag auf seine steuerliche Wirksamkeit zu überprüfen.
Verträge zwischen nahen Angehörigen sind steuerlich nur anzuerkennen, wenn die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Ob die Hauptpflichten der Verträge in Form der Erbringung der Tilgungsraten erfüllt worden waren, konnte hier mangels nachgewiesenen Zahlungen nicht überprüft werden. Das Fehlen dieser Nachweise wirkte sich im Prozesskostenhilfeverfahren zum Nachteil der insoweit beweisbelasteten Antragstellerin aus.
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