22.02.2018

Zur Steuerbarkeit von Eingliederungszuschüssen

Ob trotz fehlender ausdrücklicher Differenzierung des Gesetzgebers zwischen Leistungen nach SGB II an Arbeitnehmer und solchen an Arbeitgeber allein schon wegen des Verweises (in § 3 Nr. 2b EStG) auf "Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch" der Wille des Gesetzgebers hinreichend deutlich zu entnehmen ist, die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen zu wollen, kann offenbleiben.

BFH 29.8.2017, VIII R 17/13
Der Sachverhalt:
Die Kläger und wurden in den Streitjahren (2006 bis 2008) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Bilanzbuchhalter und betreibt ein Buchhaltungsbüro. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Seine Einkünfte werden von den Beteiligten als Einkünfte aus selbständiger Arbeit behandelt. Im Rahmen einer Außenprüfung im Februar 2010 hatte der Prüfer festgestellt, dass dem Kläger in den Streitjahren 2007 und 2008 Eingliederungszuschüsse für zwei Arbeitnehmerinnen gezahlt worden waren, die nicht als Betriebseinnahmen berücksichtigt bzw. einem privaten Konto des Klägers gutgeschrieben worden waren.

Mit dem Finanzamt stritten die Kläger fortan darüber, ob Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auch dann gem. § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei sind, wenn sie Arbeitgebern gewährt werden. Die Behörde war der Ansicht, dass der Gewinn des Steuerpflichtigen um sämtliche in den Jahren 2007 und 2008 erhaltenen Eingliederungszuschüsse zu erhöhen sei, weil diese Zuschüsse bei Gewährung an den Arbeitgeber nicht nach § 3 Nr. 2b EStG steuerfrei seien. Im Anschluss an die Schlussbesprechung und den Prüfungsbericht machten die Kläger Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen insbesondere unter Hinweis auf seine fehlende Pflicht zur Aufbewahrung der Kontounterlagen sowie auf die Steuerfreiheit der Eingliederungszuschüsse gem. § 3 Nr. 2b EStG geltend.

Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision blieb erfolglos.

Gründe:
Zu Recht hat das FG es abgelehnt, die vom Kläger im Streitzeitraum vereinnahmten Eingliederungszuschüsse als steuerfreie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II i.S.d. § 3 Nr. 2b EStG außer Ansatz zu lassen.

Ob dies schon deshalb angenommen werden kann, weil der Vorschrift des § 3 Nr. 2b EStG - trotz fehlender ausdrücklicher Differenzierung des Gesetzgebers zwischen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch an Arbeitnehmer und solchen an Arbeitgeber - allein schon wegen des Verweises auf "Leistungen [...] nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch" der Wille des Gesetzgebers hinreichend deutlich zu entnehmen ist, die Steuerfreistellung nur für Leistungen an Arbeitnehmer vorsehen zu wollen, konnte offen bleiben. Denn selbst bei unterstellter Steuerfreiheit der Zuschüsse kam eine Minderung der Einkommensteuer in den Streitjahren in Höhe der vereinnahmten Zuschusszahlungen nicht in Betracht, weil in dieser Höhe der geltend gemachte Betriebsausgabenabzug für die Löhne an die mit den Zuschüssen geförderten Mitarbeiterinnen nach § 3c Abs. 1 EStG wegen Zusammenhangs der Lohnzahlungen mit steuerfreien Einnahmen zu kürzen war.

Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Ein solcher unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Ausgaben und die steuerfreien Einnahmen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.

Im vorliegenden Fall bestand zwischen den Eingliederungszuschüssen einerseits sowie den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmerinnen andererseits  nicht ein lediglich mittelbarer Zusammenhang, sondern ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Eingliederungszuschüsse sind zwar nicht dazu bestimmt, dem Arbeitgeber jeweils entstehenden Aufwand für die Einkünfteerzielung zu erstatten. Gleichwohl besteht zwischen Eingliederungszuschuss und Lohnzahlung ein unmittelbarer Zusammenhang, weil

  • die Arbeitsverwaltung mit den Eingliederungszuschüssen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen anstrebt, einen Ausgleich für die Minderleistungen der vom Arbeitgeber eingestellten - besonders förderungsbedürftigen - Arbeitnehmer zu schaffen;
  • der Eingliederungszuschuss mithin die entgeltliche Beschäftigung eines solchen (förderungsbedürftigen) Arbeitnehmers als conditio sine qua non voraussetzt und
  • im Streitfall die Höhe des Zuschusses nach dem Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit von der Höhe der jeweiligen arbeitsvertraglich geschuldeten Lohnzahlung abhängig war.

Außerdem scheiterte die Steuerpflicht der streitigen Beträge auch nicht an einem Verwertungsverbot. Zwar können Verfahrensverstöße im Rahmen einer Außen- oder Steuerfahndungsprüfung eine Verwertung der im Rahmen jener Verfahren gewonnenen Erkenntnisse im Besteuerungsverfahren ausschließen, wenn die Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden. Fehlt es jedoch - wie hier - an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an einem grundrechtsrelevanten Verstoß einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auf spätere, rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen.

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