Zur steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Pensionszusagen mit Entgeltumwandlungen
FG Düsseldorf v. 29.5.2019 - 15 K 690/16 F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren GmbH & Co KG. Die KG hatte im Jahr 2003 eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt, und zwar mit Entgeltumwandlung in Form der Direktzusage. Die Betriebsvereinbarung (im Folgenden: VO 2003) war zunächst bis zum 31.12.2008 befristet, wurde allerdings später verlängert. Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer "Transformationstabelle" (beruhend auf einer dort nicht genannten mathematischen Formel, unter Berücksichtigung einer Verzinsung und biometrischer Faktoren) abgeleitet werden können.
Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 enthält zudem folgenden Vorbehalt:
"Die vorstehende Transformationstabelle und der in Ziffer III 1.2 und IV.2.1. genannte Zinssatz können seitens der KG einseitig durch eine nachfolgende Transformationstabelle ersetzt werden; dabei ist das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten. (...)"
Im Rahmen einer Fachprüfung für Versorgungsrückstellungen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) bei der KG gelangten die Prüfer zu der Ansicht, dass die für die Streitjahre maßgebende VO 2003 nicht den Anforderungen des § 6a EStG genüge. Der Klägerin sei ein steuerschädlicher Vorbehalt eingeräumt worden, weil sie bzw. die Konzernmutter die Transformationstabelle nach Belieben hätten ändern können.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nicht erfüllt.
Die streitgegenständliche Pensionszusage enthält mit Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 einen Vorbehalt i.S.d. Gesetzesbestimmung. Die Transformationstabelle und der Zinssatz können seitens der KG einseitig ersetzt werden; damit stehen sie unter dem Vorbehalt der Änderung. Der Arbeitgeber hat hier die Möglichkeit, das Leistungsversprechen an geänderte Umstände anzupassen bzw. zu mindern; eine derartige Klausel stellt einen Vorbehalt dar, der sich an den Maßstäben des § 6a EStG messen lassen muss. Ob die Abrede arbeitsrechtlich zugleich einen Kündigungsgrund eröffnet - wie die Klägerin geltend machte - kann dahinstehen; denn ein derartiger Umstand hat auf die hier vorzunehmende steuerliche Beurteilung nach § 6a EStG keinen Einfluss.
Nach der gesetzlichen Regelung führt ein derartiger Vorbehalt, nach dem die Anwartschaft gemindert oder entzogen werden kann, in der Anwartschaftsphase grundsätzlich zum Verbot der steuerlichen Pensionsrückstellung. Der in VO 2003 bestimmte Vorbehalt ist selbst dann nicht steuerlich unschädlich, wenn er in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht wirksam bzw. nicht durchsetzbar sein sollte. Die noch in EStR 6a Abs. 3 zitierte BAG-Rechtsprechung ist überholt (Urt. v. 14.12.1956, Az.: 1 AZR 531/55). Denn nach aktueller BAG-Rechtsprechung (etwa Urt. v. 17.6.2003 3, Az.: AZR 396/02) sind Widerrufsvorbehalte generell nur noch nach billigem Ermessen zulässig; fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist in aller Regel kein Grund dafür, sich von einer übernommenen Zahlungspflicht zu lösen, denn der Schuldner kann dieses Risiko nicht auf den Gläubiger abwälzen.
Zwar wird in der Literatur vertreten, dass dieser neueren BAG-Rechtsprechung auch steuerlich Rechnung zu tragen ist, weil § 6a EStG an der Arbeitsrechtslage orientiert sei - mit der Folge, dass selbst beliebige Widerrufsvorbehalte nicht länger rückstellungsschädlich sein könnten (Gosch in Kirchhof, EStG, 18. A., § 6a Rdn. 9). Allerdings sieht sich das Gericht an den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gebunden. § 6a EStG ist, solange die Norm besteht, eine eigenständige steuerliche Regelung, für die lediglich der Wortlaut der Zusage maßgeblich ist - nicht die daraus arbeitsrechtlich tatsächlich eintretende Wirkung. Maßgebend abzustellen ist demgemäß allein auf die Frage, ob der Vorbehalt nur in Fällen des billigen Ermessens eingreift (allein dann nach dem Gesetzeswortlaut steuerunschädlich); wenn dem Arbeitgeber die Ausübung ein freien Ermessens möglich bleibt - so hier -, ist die Abrede steuerschädlich.
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung bestärkt durch das BFH-Urteil vom 14.5.2013, Az.: I R 6/12. Da aber insbesondere die Bedeutung der arbeitsrechtlichen Beurteilung eines Vorbehalts in einer Vereinbarung zur Pensionsrückstellung nach § 6a EStG bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist, wurde die Revision zum BFH zugelassen.
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Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren GmbH & Co KG. Die KG hatte im Jahr 2003 eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt, und zwar mit Entgeltumwandlung in Form der Direktzusage. Die Betriebsvereinbarung (im Folgenden: VO 2003) war zunächst bis zum 31.12.2008 befristet, wurde allerdings später verlängert. Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer "Transformationstabelle" (beruhend auf einer dort nicht genannten mathematischen Formel, unter Berücksichtigung einer Verzinsung und biometrischer Faktoren) abgeleitet werden können.
Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 enthält zudem folgenden Vorbehalt:
"Die vorstehende Transformationstabelle und der in Ziffer III 1.2 und IV.2.1. genannte Zinssatz können seitens der KG einseitig durch eine nachfolgende Transformationstabelle ersetzt werden; dabei ist das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten. (...)"
Im Rahmen einer Fachprüfung für Versorgungsrückstellungen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) bei der KG gelangten die Prüfer zu der Ansicht, dass die für die Streitjahre maßgebende VO 2003 nicht den Anforderungen des § 6a EStG genüge. Der Klägerin sei ein steuerschädlicher Vorbehalt eingeräumt worden, weil sie bzw. die Konzernmutter die Transformationstabelle nach Belieben hätten ändern können.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nicht erfüllt.
Die streitgegenständliche Pensionszusage enthält mit Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 einen Vorbehalt i.S.d. Gesetzesbestimmung. Die Transformationstabelle und der Zinssatz können seitens der KG einseitig ersetzt werden; damit stehen sie unter dem Vorbehalt der Änderung. Der Arbeitgeber hat hier die Möglichkeit, das Leistungsversprechen an geänderte Umstände anzupassen bzw. zu mindern; eine derartige Klausel stellt einen Vorbehalt dar, der sich an den Maßstäben des § 6a EStG messen lassen muss. Ob die Abrede arbeitsrechtlich zugleich einen Kündigungsgrund eröffnet - wie die Klägerin geltend machte - kann dahinstehen; denn ein derartiger Umstand hat auf die hier vorzunehmende steuerliche Beurteilung nach § 6a EStG keinen Einfluss.
Nach der gesetzlichen Regelung führt ein derartiger Vorbehalt, nach dem die Anwartschaft gemindert oder entzogen werden kann, in der Anwartschaftsphase grundsätzlich zum Verbot der steuerlichen Pensionsrückstellung. Der in VO 2003 bestimmte Vorbehalt ist selbst dann nicht steuerlich unschädlich, wenn er in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht wirksam bzw. nicht durchsetzbar sein sollte. Die noch in EStR 6a Abs. 3 zitierte BAG-Rechtsprechung ist überholt (Urt. v. 14.12.1956, Az.: 1 AZR 531/55). Denn nach aktueller BAG-Rechtsprechung (etwa Urt. v. 17.6.2003 3, Az.: AZR 396/02) sind Widerrufsvorbehalte generell nur noch nach billigem Ermessen zulässig; fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist in aller Regel kein Grund dafür, sich von einer übernommenen Zahlungspflicht zu lösen, denn der Schuldner kann dieses Risiko nicht auf den Gläubiger abwälzen.
Zwar wird in der Literatur vertreten, dass dieser neueren BAG-Rechtsprechung auch steuerlich Rechnung zu tragen ist, weil § 6a EStG an der Arbeitsrechtslage orientiert sei - mit der Folge, dass selbst beliebige Widerrufsvorbehalte nicht länger rückstellungsschädlich sein könnten (Gosch in Kirchhof, EStG, 18. A., § 6a Rdn. 9). Allerdings sieht sich das Gericht an den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gebunden. § 6a EStG ist, solange die Norm besteht, eine eigenständige steuerliche Regelung, für die lediglich der Wortlaut der Zusage maßgeblich ist - nicht die daraus arbeitsrechtlich tatsächlich eintretende Wirkung. Maßgebend abzustellen ist demgemäß allein auf die Frage, ob der Vorbehalt nur in Fällen des billigen Ermessens eingreift (allein dann nach dem Gesetzeswortlaut steuerunschädlich); wenn dem Arbeitgeber die Ausübung ein freien Ermessens möglich bleibt - so hier -, ist die Abrede steuerschädlich.
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung bestärkt durch das BFH-Urteil vom 14.5.2013, Az.: I R 6/12. Da aber insbesondere die Bedeutung der arbeitsrechtlichen Beurteilung eines Vorbehalts in einer Vereinbarung zur Pensionsrückstellung nach § 6a EStG bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist, wurde die Revision zum BFH zugelassen.
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