23.08.2013

Zur steuerlichen Beurteilung eines Liquidationsverlustes unter Anwendung des Halb-/Teileinkünfteverfahrens

Der Verweis von § 3 Nr. 40c S. 2 EStG auf S. 1 bezweckt gerade, dass die infolge der Veräußerungsfiktion - statt eines Kaufpreises - zufließende Einnahme wie der Bezug eines Kaufpreises behandelt wird. Infolgedessen ist auch unter der Geltung des Teileinkünfteverfahrens die in § 17 EStG vorgesehene Gleichbehandlung einer Veräußerung von Gesellschaftsanteilen mit der Liquidation der Gesellschaft nach § 17 Abs. 4 EStG sichergestellt.

FG Düsseldorf 16.5.2013, 12 K 2963/12 E
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war mit einer voll eingezahlten Stammeinlage i.H.v. 8.500 € entsprechend einem Drittel des Stammkapitals i.H.v. 25.500 € an einer 2007 begründeten GmbH beteiligt. Am 14.12.2009 wurde die Auflösung der GmbH beschlossen. Der Liquidator wurde beauftragt, die Liquidation bis zum 31.12.2009 durchzuführen. Am 29.12.2009 erfolgte die Auskehrung des sich noch im Gesellschaftsvermögen befindlichen Teils des Stammkapitals. Infolgedessen wurde an die Klägerin rund 3.138 € ausgezahlt. Weitere Zahlungen in Form von Dividenden, Ausschüttungen oder sonstigen Rückzahlungen aus dem Stammkapital der Gesellschaft hatte die Klägerin nicht erhalten.

Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 den ihr entstandenen Verlust i.H.v. 5.362 € in vollem Umfang geltend. Das Finanzamt wendete unter Hinweis auf die erfolgte Rückzahlung des Stammkapitals das Teileinkünfteverfahren an und ermittelte einen Verlust aus § 17 EStG i.H.v. 3.217 €.

Die Klägerin war der Ansicht, die BFH-Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil v. 25.6.2009, IX R 42/08) unterwerfe systemwidrig auch Veräußerungsverluste dem Teileinkünfteverfahren. Zu der Frage, ob zu den Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG auch die zurückgezahlte Stammeinlage zähle, habe sich der BFH bisher nicht geäußert, denn bisher seien nur "Veräußerungsfälle" entschieden worden. Erfolge eine Rückzahlung von Stammkapital, sei dies keine teilweise nach § 3 Nr. 40 EStG steuerbefreite Einnahme, sondern gänzlich steuerfrei. Nach der Systematik des § 17 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG liege in der Auszahlung von Stammkapital eine nicht steuerbare Rückzahlung von Eigenkapital vor.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der angefochtene Steuerbescheid war rechtmäßig.

Der Klägerin war im Streitjahr ein Auflösungsverlust i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG i.V.m. § 17 Abs. 4 EStG i.H.v. 3.217 € entstanden. Sie war innerhalb der letzten fünf Jahre vor Liquidation der Gesellschaft zu mindestens einem Prozent am Stammkapital der GmbH beteiligt. Der Auflösungsverlust ist gem. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG i.V.m. § 17 Abs. 4 S. 2 EStG durch eine Gegenüberstellung des gemeinen Wertes des zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Gesellschaft und den Anschaffungskosten der Beteiligung zu ermitteln.

Die Klägerin hatte infolge der Liquidation aus dem Stammkapital der Gesellschaft 3.138 € erhalten. Demnach waren davon gem. § 3 Nr. 40c S. 2 EStG 40 % steuerfrei, weil § 3 Nr. 40c S. 1 in den Fällen von § 17 Abs. 4 EStG entsprechend anzuwenden ist. Das Gericht folgt nicht der Ansicht der Klägerin, aus steuersystematischen Gründen könne eine Einnahme aus § 17 EStG überhaupt nur dann vorliegen, wenn der Veräußerungserlös oder der an dessen Stelle tretende gemeine Wert der im Falle der Liquidation erhaltenen Wirtschaftsgüter die gegenzurechnenden Auflösungs/ Anschaffungskosten übersteige, so dass eine Anwendung des Teileinkünfteverfahrens in Verlustfällen von vornherein ausscheide. Es beruft sich hierbei auf die BFH-Rechtsprechung (s.o.).

Unerheblich war auch die Auffassung der Klägerin, dass jedenfalls eine zurückgezahlte Stammeinlage nicht zu Einnahmen i.S.v. § 3 Nr. 40c EStG führen könne, weil in § 3 Nr. 40c S. 2 EStG lediglich auf die Rechtsfolge von § 3 Nr. 40c S. 1 EStG verwiesen werde und deshalb nach allgemeinen Grundsätzen, aus denen sich aber ergebe, dass Kapitalrückzahlungen keine Einnahmen seien, zu beurteilen sei, ob Einnahmen vorlägen. Der Verweis von § 3 Nr. 40c S. 2 EStG auf S. 1 bezweckt gerade, dass die infolge der Veräußerungsfiktion - statt eines Kaufpreises - zufließende Einnahme wie der Bezug eines Kaufpreises behandelt wird, so dass auch unter der Geltung des Teileinkünfteverfahrens die in § 17 EStG vorgesehene Gleichbehandlung einer Veräußerung von Gesellschaftsanteilen mit der Liquidation der Gesellschaft nach § 17 Abs. 4 EStG sichergestellt ist.

Da allerdings über die steuerliche Beurteilung von Kapitalrückzahlungen im Rahmen der Liquidation einer Kapitalgesellschaft unter der Geltung des Halb/Teileinkünfteverfahrens keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt und diese Frage über den entschiedenen Fall hinaus Bedeutung hat, wurde die Revision zugelassen.

Linkhinweis:

FG Düsseldorf online
Zurück