Zur Steuerminderung in Deutschland durch endgültige Verluste im EU-Ausland
FG Köln 13.3.2013, 10 K 2067/12Die Klägerin, eine deutsche GmbH, wollte in Belgien 21 Ferienpark-Chalets zum Preis von über 1 Mio. € zur Vermietung an Feriengäste kaufen. Dafür musste sie im Jahr 2006 eine Anzahlung von 300.000 € leisten. Die Anzahlung verfiel, als Ende 2006 feststand, dass es nicht zu dem beabsichtigten Kauf kommen wird.
Das Finanzamt versagte der GmbH die Berücksichtigung der verlorenen Anzahlung bei der Festsetzung der inländischen Körperschaftsteuer. Da die Gewinne aus der beabsichtigten Geschäftstätigkeit nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien in Deutschland steuerfrei gewesen wären, vertrat es die Auffassung, dass auch die letztlich erzielten Verluste bei der deutschen Besteuerung nicht berücksichtigt werden könnten.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Die Revision zum BFH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist die Anzahlung in 2006 körperschaftsteuermindernd zu berücksichtigen.
Die Nichtberücksichtigung des finalen Verlusts aus der beabsichtigten Eröffnung einer Betriebsstätte in Belgien verstößt gegen die im Unionsrecht verankerte Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV. Aus dem Vorrang des Unionsrechts folgt deshalb, dass die Aufwendungen in Deutschland zu berücksichtigen sind. Der EuGH habe in seinem aktuellen Urteil vom 21.2.2013 in der Rechtssache A Oy (C-123/11) im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit noch einmal bestätigt, dass finale Auslandsverluste im Ansässigkeitsstaat des (Mutter)Unternehmens berücksichtigt werden müssen.
Im Streitfall ist der Verlust auch definitiv im Jahr 2006 eingetreten. Dies ist das sog. Finalitätsjahr. Dadurch, dass die Klägerin den Termin zur Zahlung des Restbetrags und zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags nicht eingehalten hat, ist der Vertrag hinfällig geworden und der Verlust entstanden. Die Klägerin konnte diesen Verlust auch aus tatsächlichen Gründen nicht in einem anderen Jahr in Belgien berücksichtigen, da sie weder vorher dort geschäftlich tätig gewesen war, noch die Absicht hatte, später dort tätig zu werden.
Allein die theoretische Möglichkeit, dass später erneut eine Betriebsstätte in dem ausländischen Staat gegründet wird und in dieser die früheren Verluste berücksichtigen könnten, kann nicht dazu führen, die Verluste nicht zu berücksichtigen. Stellt die Muttergesellschaft sämtliche Tätigkeiten in dem betreffenden Staat ein bzw. kommt es erst gar nicht zu solchen Tätigkeiten und erklärt sie glaubhaft, dort nicht (mehr) tätig werden zu wollen, sind die Verluste zu berücksichtigen. Bei nicht erfüllbaren Anforderungen würde gleich gegen zwei unionsrechtlich und national geltende allgemeine Rechtsgrundsätze verstoßen, nämlich die "effet utile Klausel" des Unionsrechts und die Grundsätze "nemo potest ad impossibile obligari" bzw. "impossibilium nulla obligation".
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