Zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe
BGH 7.2.2012, 1 StR 525/11Der Angeklagte war im Jahr 2001 Mitgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese und eine weitere Gesellschaft verkaufte er an die T-AG für 80 Mio. DM. Zusätzlich zum gezahlten Kaufpreis erhielt er Aktien der T-AG im Wert von 7,2 Mio. DM als Gegenleistung dafür, dass er der T-AG den Kauf auch der anderen Gesellschaftsanteile ermöglicht hatte. Dieses Aktienpaket deklarierte er in seiner Einkommensteuererklärung wahrheitswidrig als weiteres Kaufpreiselement. Dadurch erlangte er die günstigere Versteuerung nach dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren für Veräußerungserlöse, so dass für das Jahr 2002 Einkommensteuer i.H.v. über 890.000 € verkürzt wurde.
Darüber hinaus war der Angeklagte auch nach der Veräußerung weiter Geschäftsführer der GmbH, wofür ihm im Jahr 2006 auch Tantiemen i.H.v. über 570.000 € zustanden. Um die dafür zu entrichtende Lohnsteuer zu hinterziehen, veranlasste er - als "Gegenleistung" für einen "Verzicht" auf die Tantiemen - deren "Schenkung" an seine Ehefrau und seine Kinder unter Fertigung falscher Unterlagen. Die an sich fällige Lohnsteuer wurde dadurch i.H.v. 240.000 € verkürzt.
Das LG hatte in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr.1 AO angenommen und den Angeklagten zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hielt die Strafzumessung aus mehreren Gründen zu Gunsten des Angeklagten für rechtsfehlerhaft und erstrebte mit ihrer Revision höhere Strafen, jedenfalls aber den Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung.
Der BGH hob das Urteil im Strafausspruch auf und wies die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG zurück.
Die Gründe:
Die Strafe war angesichts des Hinterziehungsbetrags in Millionenhöhe nicht schuldangemessen. Die Strafzumessung des LG wies durchgreifende Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf.
Das Ausbleiben strafschärfender Umstände wurde mildernd berücksichtigt. Gewichtige Strafzumessungsgesichtspunkte, die die Strafkammer festgestellt hatte (etwa das Zusammenwirken mit dem Steuerberater beim Erstellen manipulierter Unterlagen) blieben bei der Strafzumessung außer Betracht.
Die Urteilsgründe erweckten den Eindruck, die Strafkammer habe sich rechtsfehlerhaft bei der Einzelstrafbildung maßgeblich von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung leiten lassen. Nach der gesetzgeberischen Wertung zur Steuerhinterziehung im großen Ausmaß und den hieraus abgeleiteten Grundsätzen zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe (von im Höchstmaß zwei Jahren) allerdings nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht (BGH-Urt. v. 2.12.2008, Az.: 1 StR 416/08). Solche hatte das LG hier jedoch nicht ausreichend dargetan.
Linkhinweise:
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