Zur "teilweisen" Aufgabe der Vermietungsabsicht bei langjährigem Leerstand einer Wohnung
BFH 12.6.2013, I R 44/12Die Kläger sind Eigentümer eines im Jahr 1913 errichteten Zweifamilienhauses. Zwischen 1991 und 2002 war die Obergeschosswohnung dauerhaft vermietet. Seitdem konnten die Kläger das Objekt nur noch kurzfristig vermieten. Die Nettomieteinnahmen lagen zwischen 570 und 1.600 € im Jahr. Die Kläger trugen hierzu vor, sie hätten ein Zimmer in der Wohnung so hergerichtet, dass es an Messebesucher oder Wochenendheimfahrer vermietet werden könne. Sie bewarben die Obergeschosswohnung im maßgeblichen Zeitraum durch Annoncen in verschiedenen regionalen Werbezeitungen. Gleichwohl wurde die Wohnung im Streitjahr 2008 - wie schon in einigen Jahren zuvor - nicht vermietet. Allerdings wurde ein Zimmer von der Klägerin im Streitjahr für ihre gewerbliche Tätigkeit genutzt.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelten die Kläger bezüglich der leerstehenden Obergeschosswohnung einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 5.385 €, den das Finanzamt allerdings nicht berücksichtigte. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision der Kläger hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, sind auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Diese Grundsätze sind auch auf den Leerstand einzelner Räume innerhalb einer Wohnung, die vom Steuerpflichtigen im Übrigen anderweitig genutzt wird, anzuwenden.
Andererseits sind Aufwendungen für eine leerstehende Wohnung dann nicht (mehr) in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss zu vermieten hinsichtlich einzelner Teile der Wohnung aufgegeben hat. Von einer ("teilweisen") Aufgabe der Vermietungsabsicht ist auch dann auszugehen, wenn der Steuerpflichtige einzelne Räume der Wohnung nicht mehr zur Vermietung bereithält, sondern anderweitig nutzt und damit in einen neuen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stellt, selbst wenn es sich dabei um einen steuerrechtlich bedeutsamen Zusammenhang handelt.
Infolgedessen waren die Aufwendungen der Kläger für die leerstehende, vormals dauerhaft vermietete Obergeschosswohnung während der Zeit des Leerstands allenfalls zum Teil als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Zu Unrecht hatte das FG die vorübergehende (anteilige) Nutzung der Wohnung für die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin als unerheblich angesehen; das angefochtene Urteil konnte deshalb keinen Bestand haben. Vielmehr war davon auszugehen, dass die Klägerin mit der Einrichtung eines Raumes innerhalb der Obergeschosswohnung für ihren Gewerbebetrieb einen anderweitigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang begründet hatte und die Kläger jedenfalls insoweit ihre Absicht, durch Vermietung der gesamten Wohnung Einkünfte zu erzielen, aufgegeben hatten.
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