Zur Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung
BFH 24.10.2012, I R 43/11Die Klägerin ist eine GmbH. Sie hatte im März 2003 alle vier bestehenden Geschäftsanteile an der B-GmbH zum Preis von jeweils 1 € gekauft. Zugleich erwarb sie deren Betriebsgrundstück. Bis April 2003 stellte sie der B-GmbH insgesamt 2,1 Mio. € zur laufenden Finanzierung zur Verfügung, die in deren Kapitalrücklage eingestellt wurden. In den Monaten Juni und Juli 2003 überwies die Klägerin der B-GmbH insgesamt 1,8 Mio. € als Darlehen. Der Betrag sollte der B-GmbH für neun Jahre unverzinslich überlassen werden.
Die Klägerin wies in ihrem handelsrechtlichen Jahresabschluss zum 31.12.2003 die Darlehensforderung gegenüber der B-GmbH mit einem Buchwert von rund 1,1 Mio. € aus. Der vorgenannte Buchwert beruhte darauf, dass die Klägerin den Darlehensbetrag von 1,8 Mio. € unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % und der Laufzeit des Darlehens bis zum 31.12.2012 abgezinst und den Differenzbetrag von 689.658 € als Aufwand erfasst hatte (unter sonstiger betrieblicher Aufwand, Abzinsungsaufwand).
Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Ansicht, die Abzinsung der Darlehensforderung sei unzulässig. Es rechnete deshalb den darauf beruhenden Aufwand von 689.658 € dem Gewinn hinzu und erließ entsprechende ertragsteuerliche Änderungsbescheide.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die Darlehensforderung gegen die B-GmbH in der Steuerbilanz der Klägerin zum 31.12.2003 nicht abzuzinsen war.
Nach BFH-Rechtsprechung kann im Fall der Betriebsaufspaltung die Teilwertabschreibung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens, das der Betriebskapitalgesellschaft vom Gesellschafter des Besitzunternehmens gewährt wurde, nicht auf die Unverzinslichkeit der Darlehensforderung gestützt werden. Diese Rechtsprechung hatte die Vorinstanz dahin fortentwickelt, dass auch die Unverzinslichkeit des Gesellschafterdarlehens eines Alleingesellschafters einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht zu einer Minderung des Teilwerts der Darlehensforderung führen könne, und zwar unabhängig davon, ob die Forderung eigenkapitalersetzenden Charakter habe oder nicht. Ob dem zu folgen ist, musste hier nicht entschieden werden, denn selbst wenn die Unverzinslichkeit des Gesellschafterdarlehens eines Alleingesellschafters zu einer Minderung des Teilwerts der Darlehensforderung führen könnte, wäre eine solche Wertminderung jedenfalls nicht "voraussichtlich dauernd" i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG 2002 und dürfte deshalb nicht berücksichtigt werden.
Der Begriff "voraussichtlich dauernde Wertminderung" ist weder im HGB noch im Steuerrecht definiert. Er bezeichnet im Grundsatz eine Minderung des Teilwerts (handelsrechtlich: des beizulegenden Werts), die einerseits nicht endgültig sein muss, andererseits aber nicht nur vorübergehend sein darf. Ob eine Wertminderung "voraussichtlich dauernd" ist, muss unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts beurteilt werden. In Bezug auf gesunkene Wechselkurse von festverzinslichen Wertpapieren hat der erkennende Senat die Dauerhaftigkeit der Wertminderung mit der Begründung verneint, dass der Inhaber eines solchen Papiers unabhängig vom Verlauf des Wechselkurses das gesicherte Recht hat, am Ende der Laufzeit des Wertpapiers dessen Nominalwert zu erhalten. Diese Überlegung war auf eine Wertminderung, die auf der Unverzinslichkeit einer noch nicht fälligen Forderung beruht, zu übertragen.
Allerdings besteht der Unterschied, dass sowohl die aktuelle Minderung als auch der zu prognostizierende Anstieg des Teilwerts im Falle der unverzinslichen Darlehensforderung nicht - wie bei den festverzinslichen Wertpapieren - auf Veränderungen des allgemeinen Marktgeschehens beruhen, sondern berechenbar sind und dass der sukzessive Anstieg des Teilwerts linear verläuft. Dies rechtfertigt jedoch keine unterschiedliche Beurteilung der Dauerhaftigkeit der Wertminderung. Insbesondere bedeutet die Übertragung der zu den festverzinslichen Wertpapieren entwickelten Überlegungen auf unverzinsliche Forderungen keine Abkehr vom Grundsatz, nach dem die Dauerhaftigkeit der Wertminderung keine endgültige Wertminderung voraussetzt. Die Dauerhaftigkeit der Wertminderung wird nur ausgeschlossen, wenn feststeht, dass die Wertminderung keinen Bestand haben wird und nicht schon dann, wenn nur die Möglichkeit einer vollständigen Wertaufholung besteht.
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