Zur unternehmerischen Tätigkeit einer Gemeinde beim Betrieb einer Sport- und Freizeithalle
BFH 10.11.2011, V R 41/10Die Klägerin ist eine Gemeinde, die 1994 eine Sport- und Freizeithalle errichtet hatte. Sie nutzte die Halle für den Schulsport ihrer Schulen, überließ die Halle aber auch gegen Entgelt an private Nutzer sowie an eine Nachbargemeinde für den dortigen Schulunterricht. Die Nutzung der Sporthalle wurde von Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung koordiniert, die auch die Reinigung übernahmen. Die Mietpreise enthielten keine zusätzlich ausgewiesene Umsatzsteuer.
Bis zum Ende des Streitjahres 1994 vereinnahmte die Klägerin Leistungsentgelte, ohne dass Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wurde. Die Klägerin gab weder für das Jahr 1994 noch für die Folgejahre Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Erstmals im August 2001 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1994 für einen Betrieb gewerblicher Art ein. Die Steuererklärung umfasste als Betrieb gewerblicher Art Bauhof, Sporthalle mit Fitnessraum sowie Schul- und Sozialküche.
Das Finanzamt erkannte die Umsätze und die Vorsteuerbeträge aus der Vermietung und Errichtung der Sporthalle nicht an. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Die Klägerin war mit Ausnahme der Nutzung für den eigenen Schulsport beim Betrieb der Halle als Unternehmer tätig und zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Nachhaltig und gegen Entgelt erbrachte Leistungen der öffentliche Hand unterliegen der Umsatzsteuer, wenn diese Tätigkeiten auf zivilrechtlicher Grundlage oder - im Wettbewerb zu Privaten - auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt werden. Dabei reicht es aus, wenn die Nichtbesteuerung der öffentlichen Hand zu einer nicht nur unbedeutenden Wettbewerbsverzerrung führen würde. Diese, auf einem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2008 beruhende, geänderte Sichtweise führt zu einer erheblichen Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht für die öffentliche Hand im Vergleich zur gegenwärtigen Besteuerungspraxis der Finanzverwaltung; sie kann sich bei Investitionsmaßnahmen aber auch zugunsten der öffentlichen Hand auswirken.
Von allgemeinem Interesse ist die Klarstellung, dass auch sog. Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie z.B. Gemeinden erbracht werden, steuerpflichtig sind, sofern es sich um Leistungen handelt, die auch von Privatanbietern erbracht werden können. Entgegen der derzeitigen Besteuerungspraxis können danach etwa auch die Leistungen kommunaler Rechenzentren umsatzsteuerpflichtig sein.
In dem vorliegenden Fall setzt der BFH seine jüngere Rechtsprechung fort, nach der auch die privatrechtlich erteilte Erlaubnis zum Aufstellen von Automaten in Universitäten (Urt. v. 15.4.2010, Az.: V R 10/09) oder die Überlassung von Pkw-Stellplätzen in Tiefgaragen durch eine Gemeinde (Urt. v. 1.12.2011, Az.: V R 1/11) auf hoheitlicher Grundlage als entgeltliche Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen. Die Sache war noch nicht spruchreif, da die Klägerin entgegen ihrer Auffassung nicht zum vollen, sondern nur zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Im folgenden Verfahren wir das FG weitere Feststellungen zur Vorsteueraufteilung treffen müssen.
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