Zur Vorsteuervergütung im Regelbesteuerungsverfahren oder Vergütungsverfahren
BFH 14.4.2011, V R 14/10Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Österreich. Sie erbrachte in Deutschland steuerpflichtige Bauleistungen, für die die Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999 in der Fassung des HBeglG 2004 Steuerschuldner waren. Im Zeitraum von April bis Ende Dezember 2004, nicht aber auch im ersten Quartal 2004 bezog die Klägerin in Deutschland steuerpflichtige Bauleistungen von gleichfalls nicht im Inland ansässigen Unternehmern, für die sie als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b UStG war. In ihrer im Mai 2005 abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung 2004 erfasste die Klägerin die von ihr als Leistungsempfänger nach § 13b UStG zu versteuernden Umsätze und machte den Vorsteuerabzug für alle im Kalenderjahr 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge geltend.
Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Klägerin zwar aus von ihr bezogenen Leistungen Steuerschuldner gem. § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 4 UStG und insoweit auch nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Gleichwohl könne sie die im ersten Quartal 2004 entstandenen Vorsteuerbeträge nicht im Rahmen der Jahreserklärung geltend machen, da diese nur im Vergütungsverfahren zu berücksichtigen seien.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFG erfolglos.
Die Gründe:
Das FG hatte im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin auch die im ersten Quartal 2004 entstandenen Vorsteuerbeträge im Regelbesteuerungsverfahren geltend machen konnte.
Die Klägerin war berechtigt, alle in den "Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen" (§ 18 Abs. 3 S. 1 UStG i.V.m. § 16 Abs. 2 S. 1 UStG) und damit in der Steuererklärung für das Streitjahr zu berücksichtigen. Ist der Unternehmer zur Abgabe einer Steuererklärung für das Kalenderjahr verpflichtet, ist diese im Regelfall nach § 18 Abs. 3 S. 1 UStG für das gesamte Kalenderjahr abzugeben. Die Steuererklärung erstreckt sich nur dann auf einen kürzeren Besteuerungszeitraum als das Kalenderjahr, wenn der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt hat, da dann dieser Teil gem. § 16 Abs. 3 UStG an die Stelle des Kalenderjahres tritt.
Im Streitfall hatte die Klägerin eine Steuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben, da sie ihre gewerbliche Tätigkeit im gesamten Kalenderjahr ausgeübt hat. Dass sie nicht im gesamten Kalenderjahr Umsätze als Steuerschuldner zu versteuern hatte, sondern dies erst für den Zeitraum ab dem zweiten Kalendervierteljahr 2004 zutrifft, stand dem nicht entgegen. Denn auch zuvor war sie unternehmerisch tätig. Infolgedessen war die Klägerin entgegen Abschn. 244 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UStR 2000 nicht verpflichtet, für die Vergütung von Vorsteuerbeträgen, die im ersten Kalendervierteljahr des Streitjahrs entstanden waren, das Vergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV anzuwenden.
Der Unternehmer hat zwar kein Wahlrecht, Vorsteuerbeträge im Vergütungsverfahren oder im Rahmen der Jahreserklärung nach § 18 Abs. 3 UStG geltend zu machen. Denn liegen die Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens vor, ist dieses zwingend anzuwenden. Allerdings ist der im Ausland ansässige Unternehmer nach § 60 UStDV berechtigt, als Vergütungszeitraum das Kalenderjahr zu wählen und bei Fehlen der Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens für das Kalenderjahr die Vorsteuervergütung für das gesamte Kalenderjahr im Rahmen der Jahreserklärung geltend zu machen. In diesen Fällen ist das Finanzamt nicht berechtigt, den Unternehmer auf einen kürzeren Vergütungszeitraum zu verweisen, für den die Voraussetzungen des Vergütungsverfahrens vorliegen und insoweit die Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen im Rahmen der Jahreserklärung abzulehnen.
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