Zur Wertermittlung bei gemischt-freigebigen Zuwendungen
BFH 5.7.2018, II B 122/17Der Antragsteller ist Erbe seines im Dezember 2014 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Onkels. Mit notariellem Vertrag aus Juli 2014 hatte der Onkel sein Grundstück auf den Antragsteller übergeben. Als Gegenleistung wurde eine monatlich zu zahlende Rente i.H.v. 300 € vereinbart, die ab August 2014 zu zahlen war. Zudem verpflichtete sich der Antragsteller, den Onkel zu pflegen, zu verköstigen und erforderliche Gänge zum Arzt und/oder zur Apotheke vorzunehmen. Der Onkel behielt sich ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an einer Wohnung. Außerdem sollten ihm die Mieten aus einer vermieteten Wohnung bis zu seinem Tod bzw. bis zum Auszug der 94-jährigen Mieterin weiterhin zustehen.
Der Wert des übertragenen Grundbesitzes wurde auf 251.212 € festgestellt. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, bei der Grundstücksübertragung handele es sich um eine gemischte Schenkung, und setzte Schenkungsteuer i.H.v. 44.660 € fest. Den steuerpflichtigen Erwerb i.H.v. 223.300 € ermittelte es, indem es vom festgestellten Steuerwert des Grundstücks den Kapitalwert der Nutzungs- und Duldungsauflagen, den Kapitalwert der Leistungsauflage, die Erwerbsnebenkosten und den Freibetrag abzog. Die Kapitalwerte der Renten- und der Pflegeverpflichtung setzte die Behörde dabei mit insgesamt 3.790 € an. Es berücksichtigte monatliche Beträge von 300 € (Rente) und 458 € (Pflege) und korrigierte den Kapitalwert nach § 14 Abs. 2 BewG für die tatsächliche Dauer von fünf Monaten. Den Kapitalwert des Wohnrechts und des Nießbrauchsrechts setzte es i.H.v. insgesamt 2.500 € an. Es berücksichtigte monatliche Beträge von jeweils 250 € für jede Wohnung, also insgesamt 500 € pro Monat, und korrigierte den Kapitalwert ebenfalls nach § 14 Abs. 2 BewG für die tatsächliche Dauer von fünf Monaten. Schließlich zog es Erwerbsnebenkosten i.H.v. 1.568 € und den Freibetrag i.H.v. 20.000 € ab.
Das FG gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) teilweise statt. Die Beschwerde, mit der der Antragsteller verlangte, die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheids in voller Höhe auszusetzen, blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Im Streitfall bestehen über die gewährte AdV hinaus keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit dem Einspruch angefochtenen Schenkungsteuerbescheids.
Zutreffend hat das Finanzamt die Übertragung des Grundstücks als gemischte Schenkung angesehen. Bleibt bei einer Zuwendung gegen Gegenleistung der Wert der Gegenleistung hinter dem Wert des Zuwendungsgegenstandes zurück, kann eine gemischt-freigebige Zuwendung (gemischte Schenkung) vorliegen. Besteht eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich war, d.h. dass dem Zuwendenden der Wertunterschied bekannt und bewusst war. Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen, wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 bis 25 % unterschreitet. Im vorliegenden Fall lag der Anteil der Gegenleistung in Form von Leistungs- und Nutzungsauflagen bei weniger als 30 % des festgestellten Grundstückswerts.
Das Finanzamt hatte zu Recht von einer gesonderten Verkehrswertberechnung abgesehen und den Wert der Bereicherung bei der gemischten Schenkung unter Berücksichtigung des Grundstückswerts unter Abzug des Kapitalwerts der Nutzungs- und Leistungsauflagen ermittelt. Den nach geltender Verwaltungsauffassung (Abschn. R E 7.4 der Erbschafsteuer-Richtlinien 2011) und weit überwiegender Ansicht in der Kommentarliteratur ist bei einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht, keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich.
Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem BewG ermittelte Steuerwert - ausnahmsweise - hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt. Soweit es im Einzelfall einen Unterschied zwischen dem nach dem BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen. Das gilt auch für Ermittlung der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung.
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